Detmold – Lippe zeichnet sich durch eine spannende Historie und starke regionale Identität aus. Zwei Jubiläen geben 2023 Anlass zum Rückblick und zur Freude über ein ereignisreiches Festjahr. In diesem Jahr feiern die Lipper ein denkwürdiges Doppeljubiläum: 900 Jahre Lipperland und 50 Jahre Kreis Lippe. Bei der Feier des Doppeljubiläums schöpfen die Lipper entgegen ihrer schon sprichwörtlichen, nun ja, Sparsamkeit aus dem Vollen: Zum Festprogramm gehört eine Vielzahl von Aufführungen, Ausstellungen, Vorträgen, Festen und Konzerten.
Den Auftakt machte bereits Anfang März ein Festakt im Landestheater Detmold, mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der in Detmold geboren wurde und in Blomberg aufs Gymnasium ging, Ministerpräsident Hendrik Wüst und NRW-Landtagspräsident André Kuper. Bei einer launigen Zeitreise führten unter anderem Stephan Prinz zur Lippe, Landesverbandsvorsteher Jörg Düning-Gast und Landrat Dr. Axel Lehmann in historischen Rollen und Gewändern durch die lippische Landesgeschichte.
Das Haus Lippe wurde 1123 erstmals urkundlich erwähnt und avancierte zu einem Adelsgeschlecht von europäischer Bedeutung. Das seit 1413 reichsständische Territorium wurde 1528 zur Grafschaft Lippe erhoben und 1789 zum Reichsfürstentum. Beim Einmarsch Napoleons konnte Lippe dank des Verhandlungsgeschicks von Fürstin Pauline seine Unabhängigkeit erhalten und auch nach dem Abzug der Franzosen bewahren. 1871 wurde Lippe Teil des Deutschen Kaiserreichs, in dem die Fürsten zur Lippe, wie die Könige von Preußen, Bayern und Württemberg, zu den Bundesfürsten zählten. Nach dem Ende der Monarchie 1918 wurde Lippe zu einem Freistaat in der Weimarer Republik. 1947 musste das Land Lippe auf Betreiben der britischen Besatzungsmacht seine Selbstständigkeit aufgeben und entschied sich nach harten Verhandlungen für die Eingliederung in das Land Nordrhein-Westfalen.
Der Status des Lipperlands als einer von drei Landesteilen Nordrhein-Westfalens ist am NRW-Landeswappen zu erkennen, in dem die Lippische Rose mit Verabschiedung des Landesgesetzes im März 1953 ihren Platz fand. Und auch sonst bestanden die Lipper auf weitreichende Zugeständnisse. So wurde das ehemalige lippische Landesvermögen dem Landesverband Lippe als Körperschaft unterstellt. Auf diese Weise verblieben alle dortigen Staats- und Heilbäder, Staatsforste, das Landestheater Detmold oder das Hermannsdenkmal im Besitz der Lipper. Außerdem wurde Detmold neuer Sitz der Bezirksregierung.
Deren erster Präsident war Heinrich Drake, der nicht nur als letzter lippischer Ministerpräsident, sondern auch als zäher und gewiefter Kämpfer für die bis heute gültigen Sonderrechte Lippes in die Regionalgeschichte einging. Den Kreis Lippe, gebildet aus den ehemaligen Kreisen Detmold und Lemgo, gibt es seit der NRW-Gebietsreform 1973. Dort soll es übrigens laut jüngsten Umfrageergebnissen eines Online-Portals die besten Autofahrer in OWL geben. Und vielleicht sogar auch diejenigen, die sich durch eine besonders sparsame Fahrweise auszeichnen.
Fürst Leopold IV. – der letzte lippische Regent
Allen historisch Interessierten bietet sich am Sonntag, den 3. September, die Möglichkeit, sich auf einem Rundgang auf die Spuren von Leopold IV. und damit des letzten Regenten des Fürstentums Lippe zu begeben. Leopold IV. (1871-1949) entstammte der Linie Lippe-Biesterfeld und trat 1905 seine Regentschaft in Detmold an. Weil er sowohl der Technik als auch den Künsten gegenüber aufgeschlossen war, erlebte Lippe einen bis dahin nicht gekannten wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg. So ließ Leopold IV. nicht nur die Staatswerkstätten einrichten, um damit deren Bewohnern Erwerbsmöglichkeiten zu bieten, sondern auch zahlreiche weitere bedeutende Bauvorhaben realisieren, welche bis heute das Bild der ehemaligen Residenzstadt prägen. Hervorzuheben ist und für ihre Zeit besonders war auch die von ihm geschaffene Akademie für Verwaltungswissenschaften, in der kriegsversehrte Offiziere zu Kommunalbeamten umgeschult wurden.
Leopold IV. war passionierter Jäger und liebte das Theater, so dass er mitten im Ersten Weltkrieg das abgebrannte Hoftheater wieder aufbauen ließ. Aber auch der Volksbildung widmete er sich und erließ 1914 das Landesschulgesetz, wonach die staatliche Oberschulbehörde die Schulaufsicht der Kirche ablöste und die Lehrer gesellschaftlich und mithin finanziell besser stellte. Durch neue Steuergesetze kam es zu einer gerechteren Verteilung der Abgabenlasten und zu einer erheblichen Erhöhung des Steueraufkommens. Darüber hinaus sorgte Leopold IV. dafür, dass durch eine neue Infrastruktur dank Erschließung des Landes durch Straßen und Bahnen Verkehr und Handel gefördert wurden und die Industrialisierung große Fortschritte machte. Bevor Leopold IV. weitere Ideen zur Modernisierung seines Fürstentums umsetzen konnte, wurde er am 12. November 1918 durch den lippischen Volks- und Soldatenrat zum Thronverzicht gedrängt und dankte ab.
Der Rundgang auf den Spuren Leopolds IV. startet am Sonntag, den 3. September, um 14:00 Uhr am Lortzingdenkmal gegenüber dem Landestheater und dauert bis 15:30 Uhr. Da auch das Schloss besucht wird, ist die Führung nicht barrierefrei. Die Kosten belaufen sich auf 10 Euro pro Person, Kinder bis 10 Jahren zahlen 2 Euro pro Person. Weitere Informationen hierzu gibt es auf der Website der Lippe Tourismus & Marketing GmbH.
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