Die nackte Frau im wilden Wein

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Die nackte Frau im wilden Wein – so präsentiert sich Körper-Kunst am künftigen Gartenschau-Park in Höxter: Bodypainting-Fotoshooting in der Baustelle am Weserufer.

Die nackte Frau im wilden Wein

Jörg Düsterwald bei der Arbeit: Bodypainting im wilden Wein – Foto Atelier Düsterwald

Nichts als Farbe trägt das Modell am Körper, das sich an einem sonnigen Nachmittag für das Kunstprojekt „Nature Art“ eng an eine feuerrot-belaubte Mauer in Höxter schmiegt. Nackt fühlt sich Nina dennoch nicht: „Das fühlt sich an wie eine zweite Haut“, sagt die 28-jährige nackte Frau. Frieren muss sie heute weniger als sonst bei Fotoshootings mit Jörg Düsterwald aus Hameln. „Bei 20 Grad und Oktober-Sonne lässt sich das noch einigermaßen aushalten. Pfeifender Ostsee-Wind und Frost kamen aber auch schon vor“, erzählt der Künstler aus Hameln.

Die mit wildem Wein berankte Mauer an der Gartenschau-Baustelle an dem nach Süden gerichteten Bahndamm leuchtet schon von weitem und hat ihn unwiderstehlich nach Höxter gelockt. „Ich habe die rote Wand in einem Social-Media-Posting der Landesgartenschau gesehen und fand die Location toll“, sagt der 58-jährige. Er ist immer auf der Suche nach attraktiven Motiven für seine Bodypainting-Kalenderblätter. Vielleicht schafft es eines dieser Fotos in den Kalender für 2024 – entstanden an der Weserpromenade, die im Zuge der Landesgartenschau 2023 ganz neu gestaltet wird. Seit 1993 ist er freischaffender Künstler, gewann sogar mal die deutsche Bodypainting-Meisterschaft.

Die nackte Frau im wilden Wein

Das Model verschwinden fast ganz im wilden Wein und den feuerroten Blättern – Foto Manuela Puls

Es hat etwas von einem Suchbild. Jörg Düsterwald kann mit seiner Malkunst Menschen unsichtbar machen, sie verschwinden in der Natur – in Höxter wird die nackte Frau eins mit der roten Wand. Der Chamäleon-Effekt ist verblüffend: „Ich habe Sie erst gar nicht gesehen“, meint eine Reporterin, die zum Berichten in die Baustelle darf. „Da muss man echt drei Mal hingucken.“ Genauso soll es sein. Es kostet Jörg Düsterwald viele Stunden Arbeit, ehe die nackte Frau präpariert ist.

Schon seit dem Morgen bemalt er sein Modell – erst im Atelier in Hameln, die letzten Pinselstriche dann am späten Nachmittag vor Ort in Höxter. „Um diese Zeit ist hier das Licht am besten.“ Ihre Beine sind zu Gemäuer geworden. „Die Fugen müssen noch dunkler“, urteilt der Künstler nach einem prüfenden Blick aus der Ferne. Lange muss die junge Frau stillhalten. Durchhaltevermögen ist gefragt. „Die nackte Frau ist eine lebendige Leinwand, die sich bewegt und dreidimensional ist“, erklärt Jörg Düsterwald.

Die nackte Frau im wilden Wein

Hinter einer solchen Arbeit steckt viel Arbeit – das Model ist dabei die ganze Zeit nackt – Foto Manuela Puls

Perfekt muss er die Farben auf die Umgebung abstimmen, jeder Zentimeter Haut wird mit Farbe bedeckt, auch die Haare. Der bekannte Körperkünstler drapiert noch ein paar Weinreben, dann kann der Fotograf loslegen. Alexander Große-Strangmann ist aus Hannover angereist, um die Fotos zu machen. Bald ist die Sonne weitergewandert und Nina fängt doch langsam an zu zittern. Schluss mit der Fotosession in der Gartenschau-Baustelle.

Die Bauarbeiten in Höxter liegen gut im Zeitplan. Ein halbes Jahr vergeht noch bis zur Eröffnung im April 2023. Höxter wird sich nächstes Jahr als Stadt am Fluss und Stadt mit Geschichte präsentieren.  Das 31 Hektar große Gelände erstreckt sich vom Wall um die historische Altstadt über das Flussufer bis zum Welterbe Corvey. Der Remtergarten im Schatten des doppeltürmigen Westwerks ist ein Paradies für Gartenliebhaber und bietet Genuss für alle Sinne. Im Schutz hoher Klostermauern am Welterbe wachsen schöne Rosen, seltene  Stauden, duftende  Sträucher und exotische Gehölze. Im Küchengarten gedeihen Gemüse aus alter und neuer Zeit und im Apothekergarten heilsame Kräuter und Arzneipflanzen.

Nur wenige Schritte sind es bis zum Archäologiepark im Weserbogen. Dort wird die versunkene mittelalterliche Stadt Corvey erlebbar gemacht, die dort als komplett erhaltener Grundriss im Boden schlummert. Die Stadt war im Jahr 1265 von den Nachbarn aus Höxter zerstört worden. Hier praktizierte einst einer der ersten Augenärzte überhaupt, sein Operationsbesteck gilt es auszugraben.

Durch Blühwiesen und ein lila Meer aus Lavendel geht es zur Obstplantage, die von mannshohem Hopfen umgeben ist. Vorbei am Hanflabyrinth, dem Liliental und einer langen Flechthecke gelangt man zur Picknickwiese auf der Weserscholle – einem Aussichtplateau hoch über dem Weserstrom. Entlang der neu gestalteten Uferpromenade geht es zum Wall, der die Galeriegärten und die Beiträge der Friedhofsgärtner birgt.  Ein blühendes Staudenband säumt die historische Stadtmauer.  Drei große Themenspielplätze gibt es im Gartenschau-Park. Auf Wunsch können die Besucher ein Schiffsshuttle nutzen, das bei ausreichendem Pegel zwischen Höxter und Corvey pendelt.

Tageskarten: Erwachsene 19,50 Euro, ermäßigt 17, 50 Euro, Kinder (bis einschließlich 17 Jahren) 2 Euro

Einblicke in Jörg Düsterwalds Kunst gibt es unter www.duesterwald-art.de, dort ist auch der aktuelle Kalender 2023 anseh- und bestellbar.

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