Brotvielfalt gründet auf traditionellem Handwerk: Die Brotvielfalt in Deutschland wird weltweit gerühmt. Umfragen ergaben, dass im Ausland lebende Deutsche häufig die heimischen Brotsorten vermissen.
Doch Qualität hat ihren Preis. Mit billigen und „schnellen“ Brotsorten haben industrielle Groß- und Discountbäckereien sowie Supermärkte und Tankstellen das traditionelle Backhandwerk weitgehend vom Markt verdrängt. Sie ersetzen den zeitaufwändigen Sauerteig durch verschiedene Zusatzstoffe. Doch der Grundsatz der Traditionsbäcker lautet: „In der Ruhe liegt der Geschmack – je mehr Zeit fürs Backen zur Verfügung steht, desto mehr Aroma entwickelt sich. Wenn die Teige ruhen, entstehen ganz eigene Aromen – das braucht Zeit.“ Diese Zeit nehmen sich die „Billigbäcker” nicht – für sie ist Zeit Geld.
Doch es ist nicht abwegig zu glauben, dass es zu einer Rückbesinnung kommt. Immer mehr Menschen denken über die Qualität und das Preis-Leistungs-Verhältnis von Brot nach – sie lieben die Brotvielfalt, die auf traditionellem Handwerk gründet. Traditionsbäckereien verlangen zwar höhere Preise, doch die Kunden wissen, warum das so ist. Sie wünschen sich wieder bessere Qualität und würden mehr Geld für gesundes und gut schmeckendes Brot ausgeben. Zurzeit fehlt aber in Nordrhein-Westfalen ein flächendeckendes Angebot von Traditionsbäckern.
Für qualitative Brotvielfalt gelten die Regeln der Traditionsbäcker:
- keine Tiefkühlzutaten oder Tiefkühlteiglinge
- ohne Einsatz von industriellen Vor- und Fertigmischungen
- keine künstlichen Farb- und Konservierungsstoffe
- regionales Mehl
- keine industriellen Teigsäuerungsmittel
stattdessen
- hauseigene Sauerteige
Sauerteig im Mittelpunkt
Die Grundlage für traditionell hergestelltes Brot ist der Sauerteig. Dabei handelt es sich um ein Gemisch aus Roggenmehl und lauwarmem Wasser. Der Brei kommt bei Raumtemperatur für mehrere Tage in einen abgedeckten Behälter. Dabei muss der Teig atmen können, denn an der Oberfläche bilden sich kleine Gasbläschen. Am zweiten bis vierten Tag kommt die gleiche Menge Mehl und Wasser dazu. Am 5. Tag wird lediglich noch die Hälfte an Mehl zugemischt.
Im Laufe der Tage bilden sich immer mehr Bläschen und der Geruch wird säuerlich, denn es findet ein Gärprozess statt. Dabei „verstoffwechseln“ die enthaltenen Milchsäurebakterien und die Hefe sowie die mehleigenen Enzyme die Mehl-Stärke. Es entstehen Milch- und Essigsäure sowie Kohlendioxid, Alkohol und – ganz entscheidend – viele wichtige Aromastoffe.
Die Milchsäure verbessert die Backfähigkeit des Mehls und die Essigsäure sorgt für den sauerteigtypischen Geruch und Geschmack. Das Kohlendioxid ist wichtig für die Lockerung des Brotes, die Verdaubarkeit und gutes Durchbacken. Der Alkoholanteil ist sehr gering und nach dem Backprozess verflogen. Der für die Tagesproduktion nicht benötigte Sauerteig, hält sich für die nächsten Backtage im Kühlschrank.
Der Hauptteig fürs traditionelle Brot besteht aus grobem Weizen- oder Roggenmehl, Wasser, Hefe und Salz. Dem Brotbrei wird etwa Sauerteig zugegeben. Die daraus geformten Teiglinge ruhen 50 Minuten bei etwa 30° C. Nach einer Backzeit von 10 Minuten bei ca. 250° C kommt das Brot in den Verkauf – ein Erlebnis für ihre Geschmacksknospen.
Backtradition und Brotvielfalt in Münster
Münster ist ein Bollwerk gegen die Geschmackseinfalt des Brotangebots. Hier findet man noch eine große Brotvielfalt. In der Hansestadt gibt es gleich drei Bäckereien mit zahlreichen Filialen, die sich der Tradition ihres Handwerks verpflichtet fühlen. Rechnet man die Filialen der Traditionsbäckerei Greiping aus Lüdinghausen hinzu, so ist Münster ein Zentrum des guten Brotgeschmacks.
Das Magazin „Der Feinschmecker“ zeichnete die Heinrich Tollkötter GmbH in Münster als eine der besten Bäckereien in Deutschland aus. Bei den Kunden aus nah und fern rangiert das „Tollkötter Hausbrot“ ganz oben auf der Beliebtheitsskala. Das Betriebsgeheimnis ist der „hausgezüchtete“ Natursauerteig, der besonders lange ruht.
Eine weitere Besonderheit: Durch vergleichsweise langes, extrem schonendes Backen auf Steinplatten im Dampfbackofen entsteht eine etwa ein Zentimeter dicke Kruste. Die schmeckt nicht nur besonders gut, sie hält das Brot auch lange frisch.
Der Verkauf erfolgt über sieben Filialen in Münster und neun Partner im Umland sowie auf verschiedenen Märkten.
Das Hausbrot aus der Domstadt ist ein beliebtes Souvenir, das es auch in Herzform gibt.
Der runde 7-Pfünder-Brotgenuss aus 70 Prozent Roggen- und 30 Prozent Weizenmehl kann auch online bestellt werden.
Die Bäckerei Krimphove gehört ebenso zu Münster wie die Leezen. Der traditionelle Bäcker ist aus der Bäckergilde nicht wegzudenken. Er repräsentiert eine große Brotvielfalt, die nach traditionellen Rezepten gebacken wird.
Aufgrund der Wertschätzung von Heimat, Tradition und Qualität auf der einen Seite und Kreativität, Ideen- und Innovationsreichtum auf der anderen Seite ist das Münsteraner Familienunternehmen bereits in der sechsten Generation erfolgreich am Markt.
Das Baguette & Gebäck (pain et gâteau) von Krimphove ist französische Backkunst auf höchstem Niveau.
Von der Herstellung des ersten Vorteigs bis zum fertig gebackenen Brot vergehen 36 Stunden – so viel Zeit gibt man bei Krimphove den Brotunikaten, damit die „wilden Hefen“ ihre Arbeit verrichten können und sich so das volle Brotaroma entfalten kann. Nach dieser Zeit wird der sensible Brotteig vorsichtig auf dem Tisch ausgebreitet und mit den Händen in die typische Form gebracht, bevor er dann auf der heißen Steinplatte für 30 Minuten gebacken wird.
Der Name der Familie Krimphove steht für das Bäckerhandwerk in Münster. Seit fünf Generationen wurde die Führung des Betriebs von Sohn zu Sohn weitergegeben – und der Nächste steht bereits in den Startlöchern.
Tollkötter hat nach dem Test durch die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) erneut goldene Preise für fünf Brotsorten errungen. Ausgezeichnet wurden das Hausbrot, das Pflaumenbrot, das Champangnerroggenbrot, das Dinkelkernbrot und die Mandelweggen.
Die Auszeichnung „Meister.Werk.NRW“ wird an Betriebe des Bäcker-, Konditorhandwerks vergeben, die sich um eine besonders hohe Qualität ihrer Erzeugnisse bemühen.
Bei cibaria in Münster werden seit 30 Jahren aus Überzeugung leckere Biobrote, Biobrötchen, Kuchen und Snacks gebacken. Auch cibaria steht für Handwerk und Brotvielfalt. Dabei legt man großen Wert auf traditionelle Handarbeit und die Verarbeitung von 100 Prozent ökologischen Rohstoffen.
cibaria bedeutet Mundproviant im Lateinischen.
Das erfolgreichste Brot der BioVollkornBäckerei ist das „7-Korn-Schrot”, ein Sauerteigbrot, das schon seit dreißig Jahren nach eigener, unveränderter Rezeptur gebacken wird.
Wenn es um Qualität und Frische geht, ist cibaria seit 25 Jahren kompromisslos. Alle Rohstoffe stammen aus 100 Prozent kontrolliert-biologischem Anbau. Jeden Tag wird das Getreide in der Backstube auf den eigenen Steinmühlen frisch gemahlen.
Bei cibaria genießt der Kunde den Getreidereichtum des Münsterlands. Neben Weizen, Roggen und Grünkern werden Dinkel und Amaranth verarbeitet. Die alten Getreidesorten verfügen nachweislich über eine höhere Verträglichkeit, sowie mehr Mineralstoffe und Aminosäuren.
cibaria wurde im Dezember 2020 von der Zeitschrift DER FEINSCHMECKER erneut als eine der besten von 500 Bäckereien in Deutschland ausgezeichnet.
Im Juli 2020 ist cibaria von der Bremer Straße mit Sack und Pack und den Öfen in die neue Bäckerei zur B-Side im Mittelhafen von Münster umgezogen.
Backtradition und Brotvielfalt in Dortmund
Seit 2012 backt die Familie von Bäckermeister Andreas Kupka in „Müller´s Backes“ schmackhafte Brote im Holzofen – ohne jegliche Zusatzstoffe. Die Brote entstehen an der Hohensyburg in fast heimischer Atmosphäre vor den Augen der Kunden.
Der Traditionsbäcker verzichtet auf Konservierungsstoffe und gibt dem Brot die Zeit, um die typischen Aromen zu entwickeln. Durchs Backen mit selbst hergestelltem Sauerteig sind die Brote geschmackintensiver und bleiben länger frisch.
Abends heizt Bäckermeister Kupka den Holzofen an. Nach etwa drei Stunden ist vom Holz nur noch die Glut übrig – der Ofen hat dann die richtige Backtemperatur. Nachdem die Glut aus dem Ofen entfernt wurde und die Backfläche gereinigt ist, wird die Temperatur geprüft.
Gegebenenfalls muss sie noch mit eingesprühtem Wasser gesenkt werden. In der abklingenden Hitze backen dann die verschiedenen Brotsorten der hauseigenen Brotvielfalt für etwa vier bis fünf Stunden. Angefangen von den Roggenbroten, die die höchste Temperatur benötigen, bis zu den helleren Broten, die weniger Hitze brauchen.
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