Die Dolchklinge aus der Seseke im Hammer Gustav-Lübcke-Museum

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Hamm – Bei Flussbettarbeiten des Lippeverbandes an der Seseke bei Methler wurde die Dolchklinge im Herbst 1939 entdeckt und dem Gustav-Lübcke-Museum (www.museum-hamm.de) geschenkt. Das Stück (Inv. Nr. 4687) aus Bronze ist sehr gut erhalten und goldglänzend. Der Griff aus organischem Material, ursprünglich aus Holz oder Knochen, ist nicht mehr erhalten. Die Dolchklinge, Objekt des Monats April, ist 18,2cm lang, die Heftbreite beträgt 4,5cm und die Klingenbreite beträgt 1,6cm. Der Griff war aus organischem Material und ist nicht erhalten.

Die Dolchklinge aus der Seseke wurde etwa um 1600 v. Chr. gefertigt. – Foto Gustav-Lübcke-Museum, Hamm

Die Dolchklinge ist ein Prachtstück. Es wurde in Ostwestfalen oder Niedersachsen hergestellt und gehört stilistisch dem Typ „Virring“ an, datiert um etwa 1600 vor Christus, der jüngsten Phase der Frühbronzezeit. Gebrauchsspuren sind an der Dolchklinge nicht zu erkennen, vermutlich wurde sie sogar nie benutzt. Sie wird vielmehr als Opfergabe angesehen.

Nur: Warum sollten die Menschen vor über 3.500 Jahren die herausragendsten Stücke ihrer Handwerkskunst geopfert haben? Waren es persönliche Besitztümer, von denen man sich schweren Herzens trennte? Oder wertvoller Gemeinschaftsbesitz? Auch die berühmte Himmelsscheibe von Nebra, ist etwa zur gleichen Zeit – zwar nicht in einem Gewässer, aber regelrecht in der Erde – bestattet worden.

Erstaunlicherweise könnten hier die Auswertungen der Eisbohrkerne aus Grönland eine mögliche Erklärung liefern. Eisbohrkerne bestehen aus jahrgenauen Ablagerungen der Partikel, die aus der Atmosphäre auf die Eisoberfläche niedergehen. Diese Ablagerungsschichten verraten uns viel über die Erdgeschichte. In den Schichten aus der Zeit um 1645 +/-20 Jahre vor Christus konnte ein enormer Vulkanausbruch nachgewiesen werden. Es handelt sich um die Eruption eines Vulkans auf der heutigen griechischen Insel Santorin. Riesige Mengen Aschepartikel lagerten sich bis ins Grönlandeis ab.

Ein so gewaltiger Ausbruch muss eine kurzfristige Veränderung des globalen Klimas nach sich gezogen haben. Experten sprechen hier von einem „vulkanischen Winter“ der sich über mehrere Jahre erstrecken kann. Welche katastrophalen Auswirkungen dies auf Gesellschaften in der Bronzezeit, die rein von der Landwirtschaft lebten, haben musste, können wir nur erahnen. Stehen die handwerklich herausragenden, wertvollen Opfergaben also in Zusammenhang mit einer möglichen zornigen Abwendung von althergebrachten religiösen Vorstellungen? Oder einer individuell oder gemeinschaftlich vollzogener Beschwichtigung einer übergeordneten Macht in Zeiten großer Verzweiflung?

In gewisser Weise ist die 3500 Jahre alte die Dolchklinge aus der Seseke damit aktueller denn je…  (Susanne Birker M. A.)

 

 

 

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