Gastronomen wollen wieder Gäste bewirten: „Wir möchten unsere Gäste wieder verwöhnen.“ Interview mit Renate Dölling, Geschäftsführerin des Dehoga Münsterland
Die gastgewerblichen Betriebe sind in der zwölften Lockdown-Woche, doch die November-Hilfen noch nicht überall angekommen. Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) von Anfang Januar fürchten 75,5 Prozent der Gastronomen und Hoteliers um ihre Existenz. Und jeder vierte der 12.000 befragten Betriebe zieht konkret die Betriebsaufgabe in Erwägung.
Zur aktuellen Lage der Restaurants, Hotels und Veranstalter im Münsterland äußert sich Renate Dölling, Geschäftsführerin des Dehoga Münsterland, im Interview mit dem Verein Netzwerk Münsterland Qualität, dem über 70 Lebensmittelhersteller und Gastronomiebetriebe angehören.
Gastgewerbe und Veranstaltungsbranche leiden bekanntermaßen sehr unter der Krise. Wissen Sie von Gastronomie-Betrieben im Münsterland, die schließen mussten?
Renate Dölling: Leider ja. Es gibt Betriebe, bei denen der Inhaber Privat- und Betriebsinsolvenz anmelden musste. Problematisch ist es vor allem, wenn Gastronomen zwei oder drei Betriebe als Einzelunternehmen haben, denn dann kommen sie trotzdem nur einmal in den Genuss der staatlichen Fördermittel. Probleme haben beispielsweise auch die Brauerei-Gaststätten, da die Politik davon ausgeht, dass diese lediglich 20 Prozent Umsatz aus der Gastronomie erwirtschaften. So erhalten diese Betriebe dann gar keine Förderung.
Ende Oktober waren die November-Hilfen in Aussicht gestellt worden. Es scheint aber Betriebe zu geben, die Mitte Januar noch kein Geld gesehen haben?
Es ist ganz unterschiedlich und das macht es so schwierig. Bei manchen ging es ganz schnell mit der Bewilligung und Überweisung, andere haben noch gar kein Geld erhalten. Ein großes Problem ist die Unübersichtlichkeit, denn die Bedingungen für die Förderungen haben sich im Januar wieder geändert. Mal als Überblick: Es gab die Soforthilfen im Frühling, im Sommer und Herbst dann die Überbrückungshilfe 1 und 2, zudem die November- und Dezemberhilfe. Die haben alle eigene Konditionen. Bei der Überbrückungshilfe 3 ab Januar hat sich nun wieder vieles geändert. Sogar die Steuerberater und Rechtsanwälte, die die Anträge stellen müssen, blicken mittlerweile nicht mehr durch die Details aller Richtlinien durch.
Erhalten Sie Rückmeldungen Ihrer Mitglieder, ob man sich von der Politik im Stich gelassen fühlt?
Von unseren hiesigen Betrieben höre ich, dass, wenn die versprochenen Hilfen fließen, die Politik dem Gastgewerbe tatsächlich geholfen hat. Als Verband halten wir viel Kontakt zur Landes- und Bundespolitik und die hört auch zu.
Welche Sorgen haben die Gastronomen, abgesehen von den finanziellen Nöten? Ist beispielsweise die Zahl der neuen Auszubildenden gesunken?
Zuallererst sind wir ja Gastgeber und möchten unsere Gäste wieder verwöhnen. Für die Chefs und Mitarbeiter ist es natürlich extrem frustrierend, zuhause zum Nichtstun verdammt zu sein. Diese Perspektivlosigkeit führt einfach zu Frustration. Aber wir sind auch Optimisten und glauben, dass in unserer Branche wieder viel los sein wird, wenn die Menschen wieder ausgehen dürfen.
Ich finde es toll, dass viele junge Menschen nach wie vor begeistert sind vom Gastgewerbe. Tatsächlich haben unsere Betriebe auch im August Azubis aufgenommen. Aber: Ja, ein Teil der Ausbildungsplätze ist noch frei.
In den Städten funktionieren die Liefer- und Abholservices gut. Helfen solche Angebote den Betrieben aus der Misere?
In größeren Orten oder einer Stadt wie Münster wird das gut angenommen, aber auch da ist es oft nur der Tropfen auf dem heißen Stein. Ich denke aber, dass ein Großteil der Betriebe die Lieferservices beibehalten wird, da die Menschen sich daran gewöhnt haben. Im ländlichen Raum sieht es wieder ganz anders aus. Da muss man teilweise kilometerweit fahren, um etwas abholen zu können.
Was ist Ihre Hoffnung für die nächsten Monate?
Wenn feststeht, dass wir wieder öffnen dürfen, bin ich guter Dinge, dass die Betriebe wieder so Umsatz machen, dass sie wirtschaftlich weitergeführt werden können. Was ist aber mit den Clubs, Bars, Caterern und Discotheken? Die Veranstaltungsbranche ist deutlich härter getroffen. In Münster ist zum Beispiel die ganze Szene rund um den Hafen bedroht. Da gab es schon kreative Aktionen wie Crowd-Funding, um das betriebliche Überleben zu sichern.
Man hört zum Glück auch vom Gegenteil: Existenzgründung während der Krise, beispielweise zwei Restaurants in Münster.
Ja, es gibt auch solche tollen Nachrichten. Knopfs Knolle und die Beetschwestern haben sich das in Münster getraut.
Die Gastrolandschaft verändert sich jetzt und darauf reagieren unsere Mitglieder. Wir müssen ja nach vorne blicken und die meisten Betriebe haben schon viele Ideen, wie sie sich nach der Krise aufstellen.
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