Münster: Blick auf Schätze der Deilmann Stiftung

Münster – Architekt Andreas Deilmann öffnet für vier Wochen bis Ende Dezember seine spektakuläre Kunstsammlung: Mit einer gutbesuchten Vernissage wurde gestern (23. November) in der bekannten Münsteraner Galerie Claus Steinrötter erstmals die Sammlung Deilmann der Öffentlichkeit vorgestellt.

Walter Stöhrer: Jeder Gedanke ist ein Würfelwurf, 1976

Bei Claus Steinrötter können die Besucher nun mehr als 60 Kunstwerke entdecken und bewundern, die von mehr als 35 Künstlern mit Rang und Namen stammen. Gesammelt und zusammengetragen wurden sie in einem Zeitraum von mehr als 60 Jahren.

Galerist Claus Steinrötter

In der Ausstellung sieht man Arbeiten bekannter Künstler: Die Liste reicht von Arman bis Warhol über Ernst Barlach, Le Corbusier, Klaus Fußmann, Yves Klein, Norbert Kricke, Sol LeWitt, Markus Lüpertz, Heinz Mack, Helmut Newton, Tobias Rehberger, Wolfgang Troschke bis zu Günther Uecker. Einige dieser Künstler sind mit mehreren Arbeiten vertreten.

Norbert Kricke: Chi, 1961

Es sind in der Mehrzahl sehr persönliche Werke, mitunter untypisch für ihre Schöpfer und gerade deswegen hochinteressant. Mit jeder einzelnen Arbeit verknüpft Andreas Deilmann Erlebnisse, Erfahrungen und Erinnerungen.

Die Räumlichkeiten der Galerie Steinrötter sind wie ein Schatztruhe

Den Grundstock der Sammlung bilden jene Kunstwerke, die der Papa von Andreas Deilmann – der bekannte Architekt Professor Harald Deilmann – in seiner Zeit erworben hat oder die ihm von befreundeten Künstlern zugedacht und geschenkt worden sind.

Bernhard Schultze: Erdrutsch – Welche Folgen, 1981

Darüber hinaus sieht man Arbeiten, die Andreas Deilmann, in den vergangenen 40 Jahren selber als Sammler erworben hat. Damit wird deutlich, dass Andreas Deilmann nicht nur in professioneller Hinsicht in die Fußstapfen seines Vaters getreten, sondern darüber hinaus als begeisterter Kunstliebhaber und Kunstsammler. Er selber erzählt gerne, dass wann immer er in seinem Haus an einer Skulptur von Norbert Kricke vorbeigeht, ihn die Genialität dieser Skulptur anspringt. Jedes Mal aufs Neue stellt er fest, wie besonders diese ist.

Schon früh hat Andreas Deilmann Kunst und deren Faszination erfahren. Er wurde von seinem Vater ganz selbstverständlich in Ausstellungen und Museen in Münster und auf vielen Reisen mitgenommen. Unvergessen sind ihm jene Besuche der Fondation Maeght in Saint-Paul-de-Vence in Südfrankreich, die er bis heute gerne aufsucht, wann immer er an der Côte d’Azur ist.

Ives Klein: Victoire de Samothrace, 1962

Die Liebe zur Kunst wurde ihm gewissermaßen in die Wiege gelegt. Sein erstes eigenes Kunstwerke hing in seinem Kinderzimmer: Das Bild „Cavallo“ aus dem Jahr 1953 von dem italienischen Künstler Marino Marini. Das war ein Geschenk seines Vaters! Hinzu gesellte sich später eine Arbeit von Rupprecht Geiger, die Andreas Deilmann bis heute fasziniert.

Die Arbeiten, die in Galerie Claus Steinrötter zu sehen sind, sind jene Schätze, die Deilmann gerade erst in eine Stiftung überführt hat. Weitere Werke aus der Privatsammlung sollen folgen. Damit sorgt er dafür, dass sie zusammen bleiben und nicht irgendwann meistbietend verscherbelt werden können. Die Stiftung soll die Kunst langfristig für die Öffentlichkeit sichern und die Sammlung mit Hilfe eines kunsthistorischen Beirates weiterentwickeln.

Andreas Deilmann plant in der Quartierentwicklung am Münsteraner Hafen neben den Gebäuden für ein weiteres Flowers-Hotel mit einem eigenen Trakt für Mikrowohnungen, für öffentlich geförderte Studentenapartments sowie exklusives Wohnen auch ein privates Museum mit einer Fläche von 2.500 Quadratmetern.

Über jedes einzelne Werk könnte man eine Geschichte erzählen. Besonderes ist die Geschichte um den berühmten Holz-und Metallwürfel von Günther Uecker. Gespickt ist der mit Nägeln als sei er ein neuzeitlicher Igel. Dieses Objekt stammt aus dem Jahr 1970. Es ist das erste Kunstwerk, das der junge Architekturstudent Andreas Deilmann 1972, im Jahr der Olympiade in München, bei einem Spaziergang in einem Trödelladen in München entdeckt hat.

Günther Uecker: Würfel, 1970

Der Ladenbesitzer konnte mit dem Namen des Künstlers ebenso wenig anfangen wie offenbar der Vorbesitzer, ein pensionierter Bankier. Letzterer hatte das merkwürdige Objekt zu seinem Abschied geschenkt bekommen und es ahnungslos und zugleich ignorant verscherbelt. Andreas Deilmann sagte der Name des Künstlers etwas. „Uecker, Uecker?!?!“ Irgendwo klingelte bei ihm etwas. Er erstand das Objekt für 1.000 Mark. Für den Studenten durchaus kein Pappenstiel. Dafür musste die lange geplante Investition in eine teure Stereoanlage, auf die der Student ein Jahr gespart hatte, geschoben werden. Eine kluge Entscheidung mit großem Weitblick, denn heute, mehr als 45 Jahre später, ist dieses Kunstwerk ein Vielfaches wert.

Bei dem Übertrag dieses Kunstwerkes in den Besitz der Stiftung führte der Steuerberater den Wert auf, mit dem die Versicherung den Block von Günther Uecker bewertet hatte. Das waren stolze 500.000 Euro. Das Finanzamt Münster winkte ab. Das könne nicht sein, meinte der offenbar kunstverständige Finanzbeamte. Ein anerkannter Kunstsachverständiger musste beauftragt werden. Der anschließende Aufschrei im Finanzamt blieb ungehört. Den Schock des Prüfers allerdings kann man sich lebhaft vorstellen. Denn der Sachverständige korrigierte nach umfangreichen Recherchen den Wert des Kunstwerkes nach oben. Dieser Günther Uecker steht nun mit 750.000 Euro in den Büchern. Merke: Mitunter gibt es vom Finanzamt sogar überraschende Geschenke! (Jörg Bockow)

 

Galerie Claus Steinrötter / Rothenburg 16 / 48143 Münster

Telefon 0251 – 44400

www.steinroetter.de

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