Der Kiepenkerl bloggt: Luftverschmutzung

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In Stuttgart wird es ab 2018 Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge geben, um die Luftqualität zu verbessern. Bei unzulässigen Feinstaub- und Stickoxidkonzentrationen werden besonders belastete Straßen für Diesel-PKW gesperrt, die die Abgasnorm Euro 6 nicht erfüllen. Damit reagierte die grün-schwarze Landesregierung auf einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart, nachdem sie bis Ende Februar erklären musste, wie sie die Luft nachhaltig verbessern will. In der Europäischen Union existieren mit der EU-Richtlinie 2008/50/EG einheitliche Vorschriften zur Beurteilung und Kontrolle der Luftqualität, die in Deutschland jetzt erst schrittweise umgesetzt werden.

Grafik: von Clemens.Ratte-Polle (Eigenes Werk) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons

Die Lufthülle, die unsere Erde seit Jahrmillionen umgibt, hielt man lange für ein homogenes Medium. Bis der deutsch-schwedische Chemiker Karl Wilhelm Scheele mit der von ihm erfundenen Gasanalyse 1771 herausfand, dass Luft aus Sauerstoff („Feuerluft“) und Stickstoff („verdorbene Luft“) besteht. Wirtschaftliche Bedeutung erlangten im Verlauf der Industrialisierung Stickstoff (N2) mit einem Anteil von 78,084 Volumenprozent an der der Luft, Sauerstoff (O2) mit 20,942 Vol.-% und Argon mit 0,934 Vol.-%.

Seither wird Umgebungsluft in Luftzerlegungsanlagen angesaugt, gereinigt, getrocknet und durch Kompression und Expansion bis auf minus 196 Grad Celsius abgekühlt. In einer hohen Rektifikationskolonne werden die verschiedenen Gase aufgrund der unterschiedlichen Verdampfungstemperaturen getrennt. Sauerstoff verflüssigt sich bei minus 183 oC, Argon bei minus 186 oC und Stickstoff bei minus 192 °C. Der Luftvorrat der Erdatmosphäre ist so riesig, dass sich durch die Entnahme der Gase keine messbare Veränderung des Sauerstoffgehalts ergeben. Die Zerlegungsprodukte werden bis zum Verkauf in vakuumisolierten Tanks gelagert. In flüssigem Aggregatzustand gelangen sie per Spezialtankwagen in Kundenbehälter oder werden bei normalen Außentemperaturen mit einem Druck von bis zu 300 Bar in Stahlflaschen gefüllt.

Gase sind echte Tausendsassa. Sie teilen und verbinden Metalle auf den Millimeter genau. Machen viele industrielle Prozesse umweltverträglicher und rentabler. Geben Kunststoffen ihre Form und Maßgenauigkeit. Gase fördern pflanzliches Wachstum und retten menschliches Leben. Sie konservieren Lebensmittel auf dem Transport und während der Lagerung.

Foto: Westfalen AG

Im Mittelalter galten Scheiterhaufen und andere Feuerstellen als Übeltäter für die Luftverschmutzung. Damals hieß es: „Wo Rauch aufsteigt, ist Feuer.“ Das stimmt heute so nicht mehr, denn die industrielle Gesellschaft hat den Rauch und damit Ausstoß von Abgasen durch den Einsatz reiner Gase aus Luftzerlegungsanlagen in perfektionierter Technik deutlich reduziert.

Gase besitzen ganz unterschiedliche Gewichte. Die besonders leichten von ihnen verflüchtigen sich durch die Luftschicht bis zur Stratosphäre. Dort bewirken vor allem die durchreisenden Treibhausgase Kohlendioxid, Methan und Ozon, dass die Wärme der Sonne nur teilweise ins All zurückstrahlen kann. Damit funktioniert das Wechselspiel zwischen Stratosphäre und Erde nicht mehr. Die Folgen sind ein Temperaturanstieg auf der Erde und die Zunahme extremer Wetterverhältnisse. Bei Inversionswetterlagen bekommen wir zudem einen Vorgeschmack davon, was der Mensch so alles in der Luft endlagert.

Grafik: By Lars Ebbersmeyer (Own work) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons/Westfalium

Vor diesem Hintergrund ist es kontraproduktiv, die Förderung von umweltfreundlichem Flüssiggas als Kraftstoff für Autos und Gabelstapler (Autogas) Ende 2018 auslaufen zu lassen. Der Entscheidung des Bundeskabinetts ignoriert den Klimaschutzplan 2020 sowie den Beschluss des Deutschen Bundestages aus Juli 2015, der für die Beibehaltung des Steuervorteils für Autogas votiert hat. Mit dem Beschluss enttäuscht die Regierung das Vertrauen von 480.000 Autogas-Nutzern. Ihnen wurde jahrelang signalisiert, dass die steuerliche Begünstigung von Autogas über 2018 hinaus verlängert wird. Damit wurden Verbraucher zu teuren Umrüstungen animiert, die jetzt wertlos geworden sind.

Zielführender wäre die Anhebung des Steuersatzes für Diesel auf die für Super geltende steuerliche Belastung. Doch dagegen werden sich Lobbyisten unterschiedlichster Richtungen mit aller Kraft zu Wehr setzen.

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