Der Kiepenkerl bloggt: Draghis Null-Zinspolitik

Am 28. September 2016 sprach Prof. Dr. Mario Draghi vor Abgeordneten des Deutschen Bundestages. In der Märchenstunde bezeichnete er seine Null-Zinspolitik der EZB als alternativlos. Die Folgen müssten die Sparer, Rentenfonds, Versicherungen und Banken aushalten. Für die Zuhörer wurde deutlich, dass Draghi mit seinem Latein am Ende ist, denn die Zinsen haben inzwischen ihre Wirkung als volkswirtschaftliches Steuerungsinstrument eingebüßt. Außer leeren Versprechungen und Gelddrucken fällt der EZB nichts mehr ein.

DAVOS/SWITZERLAND, 25JAN13 - Mario Draghi, President, European Central Bank, Frankfurt is captured during the special address session at the Annual Meeting 2013 of the World Economic Forum in Davos, Switzerland, January 25, 2013.  Copyright by World Economic Forum swiss-image.ch/Photo Remy Steinegger

Mario Draghi by World Economic Forum [CC BY-SA 2.0], via Wikimedia Commons

Die Flutung der Geldmärkte treibt die Protestwähler an die Urnen, denn für sie ist das Überangebot an Liquidität neben dem europäischen Alleingang in der Flüchtlingspolitik, die gravierendste Ursache für die drohende Altersarmut. Der Bevölkerung wurde inzwischen bewusst, dass die deutschen Sparer die südeuropäischen Staaten subventionieren. Zudem verhindert das billige Geld dort die dringend notwendigen Strukturreformen, weil der finanzielle Druck fehlt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel müsste zum Wohl der Bürger auf ein Umsteuern drängen, doch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble stützt den Kurs von Draghi. Schließlich wird darüber auch die Belastung der deutschen Staatshaushalte durch die Reduzierung der Zinsen für die enorme Staatsverschuldung gesenkt – das erleichtert den Weg zur schwarzen Null.

Als Präsident der Deutschen Bundesbank votierte Jens Weidmann in der EZB-Ratssitzung im September 2012 als Einziger mit „Nein“ gegen den Beschluss der EZB, unter bestimmten Bedingungen unbegrenzt Staatsanleihen der Mitgliedsländer kaufen zu wollen. Das Vorgehen der EZB sei zu nah an einer Staatsfinanzierung und verteile erhebliche Risiken zwischen den Steuerzahlern verschiedener Länder.

Die Bundeskanzlerin hätte besser auf Weidmann gehört und sich dafür eingesetzt, dass Draghi am 24. Juni 2011 vom Europäischen Rat nicht zum Chef der EZB gewählt wurde. Bereits während seiner Kandidatur wurden kritische Stimmen laut, die Draghis Rolle bei der Verschleierung des wahren Zustandes der griechischen Finanzen durch die griechische Regierung und Goldman Sachs mit Hilfe von „off-market swaps“ hinterfragten. Draghi, der von 2002 bis 2005 für Goldman Sachs in London arbeitete, stritt jegliche Beteiligung mit dem Hinweis ab, dass diese Dinge vor seiner Zeit geschehen seien. Wie zu erwarten, verweigert die EZB die Veröffentlichung von Dokumenten, die Einzelheiten zu den Credit Swaps enthielten, sodass bis heute keine Klarheit über Draghis Verwicklung besteht.

Anfang 2013 geriet Draghi im Zuge der Skandale um die Bank „Monte dei Paschi di Siena“ (MPS) in die Kritik: Es wurde bekannt, dass die MPS noch unter seiner Führung als „Gouverneur der italienischen Zentralbank“ äußerst riskante Geschäfte tätigte und die italienische Zentralbank noch im Oktober 2011 der damals strauchelnden MPS einen wertpapierbesicherten Kredit in Höhe von zwei Milliarden Euro gab, aber weder Öffentlichkeit noch das italienische Parlament darüber informierte. Durch diese geheime Rettung der MPS landete zweifelhafter Wertpapierschrott bei der nationalen Notenbank und die MPS erhielt dafür im Gegenzug Staatsanleihen, deren Zins- und Schuldendienst vom Steuerzahler getragen wird. Draghi legte damit den Grundstein für ein europäisches Schattenbankensystem unter Führung der nationalen Notenbanken – ein System, das hauptsächlich dafür geschaffen wurde, Geschäftsbanken und deren Eigentümer auf Kosten der Steuerzahler vor Insolvenz bzw. Verstaatlichung zu schützen.

Draghis Laufbahn vom Banker zum politischen Top-Entscheider hätte in Kenntnis dieser Vorgänge verhindert werden müssen, denn „Die Katze lässt das Mausen nicht.“
Auch bei der Ernennung von Christian Wulff zum Bundespräsidenten hatte die Bundeskanzlerin kein glückliches Händchen. Ein kritischer Blick in dessen Vergangenheit hätte unserem Land den üppigen Ehrensold erspart.

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