Lagerfeuer für die Skulptur Projekte 2017

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Westfalen – Die Skulptur Projekte finden 2017 vom 10. Juni bis zum 1. Oktober zum fünften Mal in Münster statt. Am 23. Juni stellten das Kuratoren- Team der Skulptur Projekte sowie die Träger der Ausstellung, der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und die Stadt Münster, die ersten konzeptionellen Gedanken vor. Gleich von Anbeginn an stellte das Kuratorenteam seine Eigenständigkeit gegenüber allen Versuchen der Vereinnahmung durch die Geldgeber heraus. Man wolle in Autonomie und Freiheit entscheiden und sich partout nicht als Marketinginstrument weder für die Stadt Münster, noch Land oder LWL sehen auch wenn man von der ungeheuren Strahlkraft der Veranstaltung wisse. Daher verweigere man sich auch einer werblichen Überformung. Für die Skulptur Projekte 2017 gebe es weder ein Logo noch ein Markenzeichen. Es ginge alleine um die Kunst.

Ein spielerischer Auftakt: Zwei Jahre vor dem Beginn der Skulptur Projekte 2017 geben Geldgeber, Sponsoren und das Projektteam einen Einblick in die Koneption - Foto: Huvermann

Ein spielerischer Auftakt: Zwei Jahre vor dem Beginn der Skulptur Projekte 2017 geben Geldgeber, Sponsoren und das Projektteam einen Einblick in die Koneption – Foto: Huvermann

Die Skulptur Projekte Münster sind weltweit einzigartig: Im regelmäßigen Abstand von zehn Jahren untersuchen internationale Künstlerinnen und Künstler auf Einladung der Veranstalter die Beziehung von Kunst, öffentlichem Raum und urbanem Umfeld und entwickeln ortsspezifische neue Arbeiten. Dabei spielt Münster als Ausgangspunkt eine zentrale Rolle.

Gleichzeitig weisen die Projekte weit über den konkreten Ort hinaus: In der aktuellen Ausgabe fließen Themen der globalen Gegenwart und Reflexionen über zeitgenössische Begriffe von Skulptur in die künstlerischen Auseinandersetzungen genauso mit ein wie Fragen zum Verhältnis von öffentlichem und privatem Raum in Zeiten zunehmender Digitalisierung. Die Skulptur Projekte 2017 wollen zur Auseinandnersetzung anstoßen und ein Zeichen setzen.

Kasper König - Foto: Jörg Bockow

Ein selbstbewußtes Projektteam für die Skulpturen Projekt 2017: Dr. Marianne Wagner, Prof Kasper König und Britta Peters – Foto: Jörg Bockow

Künstlerischer Leiter der Skulptur Projekte Münster ist Prof. Kasper König, die Kuratorinnen sind Britta Peters, freie Kuratorin aus Hamburg, und Dr. Marianne Wagner, Kuratorin für Gegenwartskunst am LWL-Museum für Kunst und Kultur. Die Projektleitung liegt in den Händen von Imke Itzen, die schon 2007 zum Team der Skulptur Projekte gehörte.

Als erste Hauptförderin ist die Kulturstiftung des Bundes an Bord, die die Skulptur Projekte mit einer Million Euro unterstützt. Mit dem Land NRW laufen zurzeit
Gespräche über eine Förderung, die in eine positive Richtung weisen. „Mit den Skulptur Projekten holt der LWL die Welt nach Westfalen und veranstaltet eine internationale Schau, die vergleichbar ist mit der documenta in Kassel“, erklärte LWL-Direktor Matthias Löb. „Das ehemalige Landesmuseum ist die Keimzelle, in der 1977 die Idee zu dem einzigartigen Ausstellungsformat entstand.

Mit dem Neubau des LWL-Museums bekommen die Skulptur Projekte Münster ein neues ,Basislager‘ für Veranstaltungen und als Ausgangspunkt für die Touren zu den Kunstwerken.“

„Für rund 100 Tage verwandelt sich Münster in ein internationales Kunstzentrum, das Besucher aus der ganzen Welt anlockt“, sagte Oberbürgermeister Markus Lewe. Mit den Skulptur Projekten habe sich Münster in der Kunstwelt ein Renomee geschaffen, das einmalig ist. „Wenn die Ausstellung im Juni 2017 eröffnet, haben sich die Künstlerinnen und Künstler rund zwei Jahre mit dem Leben, der Geschichte und den Besonderheiten Münsters auseinandergesetzt und bringen ihre Erkenntnisse in einen globalen Zusammenhang. Auf die Ergebnisse bin ich sehr gespannt.“

Erste Kontakte zu Künstlerinnen und Künstlern sind geknüpft, einige waren bereits zu Besuch in Münster. Im Gespräch sind zum Beispiel die rumänische Künstlerin Alexandra Pirici und der französische Tänzer und Choreograph Xavier Le Roy, deren Arbeiten sich dem Verhältnis von Körper, Skulptur und Stadt widmen. Mit dieser Setzung werden Eigenheiten der performativen Künste reflektiert, aber auch die veränderte Bedeutung, die dem Körper gegenwärtig beigemessen wird. Eingeladen sind aber auch Künstler, die stärker bildhauerisch arbeiten, wie Santiago Sierra,in dessen politischer Auseinandersetzung mit Skulptur sich das Thema Globalisierung
verankert findet, oder Ayse Erkmen, die bereits 1997 an den Skulptur Projekten teilgenommen hat.

Explizite Fragen zu Digitalität und Kommunikation beschäftigen Aram Bartholl, der moderne Technik mit dem archaischen Bild des Lagerfeuers verknüpft, oder Andreas Bunte, der die mobilen Endgeräte als Projektionsmaschinerie auffasst. Insgesamt sollen 2017 rund dreißig neue künstlerische Produktionen vorgestellt werden.

„Sich direkt in die städtebaulichen, kulturellen und politischen Kontexte einzuschreiben, die im öffentlichen Raum existieren – sie zu kommentieren, ihnen zu widersprechen oder ganz neue Räume zu öffnen – darin sehe ich das große Potential von Kunst außerhalb ihrer traditionellen Schutzzonen“ erklärte Kuratorin Britta Peters. „Die Herausforderung für 2017 besteht darin, sich inhaltlich, und damit meine ich nicht nur politische Inhalte, sondern auch eine Inhaltlichkeit in ästhetischer Hinsicht, innerhalb der gegenwärtigen ‚Kunst als Lifestyle‘-Atmosphäre zu behaupten.“

Seit Juni 2015 ist Dr. Marianne Wagner Kuratorin für den Bereich Gegenwartskunst am Museum und betonte die enge Verbindung: „Die Skulptur Projekte sind seit je her eng mit dem Westfälischen Landesmuseum, dem heutigen LWL-Museum für Kunst und Kultur, verbunden. Dieser Zusammenhang hat in der Vergangenheit immer wieder zu anregenden Diskussionen geführt: über das Verhältnis von Institution und öffentlichem Raum.“ Besonders wichtig sei dabei die fruchtbare Durchdringung von Skulptur Projekten und Museum jenseits des Zehnjahresrhythmus, „einerseits durch die Sammlung von Werken im Bereich der Gegenwartskunst, andererseits durch das umfangreiche Archiv der Skulptur Projekte, das als Forschungsstelle am Haus eingerichtet wird“, so Marianne Wagner.

„Die Realisierung der Ausstellung transportiert per se eine politische Botschaft, indem sie versucht in ökonomischer Hinsicht so unabhängig wie möglich zu sein“, sagte Kasper König, der seit Anfang an in die Skulptur Projekte involviert und nun zum fünften Mal dabei ist. „Als alter Hase habe ich meinen Hut noch einmal in den Ring geworfen, um den geplanten Wechsel zu einem Fünfjahresrhythmus für die Skulptur Projekte zu verhindern. Zehn Jahre sind genau richtig: Westfälisch und unaufgeregt, Lagerfeuer statt Leuchttürme.“ Kasper König macht von Anbeginn an klar, dass er ein streitbarer Geist ist, der dafür sorgen will, dass die Veranstaltung ihre Eigenständigkeit behält. Das Signal ist an die Geldgeber gerichtet, aber auch an alle Kritiker, die bereits heute schon die Messer wetzen. Lagerfeuer als Kunstprojekt – der Streit ist bereits heute eröffnet.

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