Der Kiepenkerl bloggt: „Gloria interrupta“ für den Deppen von Limburg

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Die äußeren Umstände eines Canossa-Gangs haben sich im Laufe der Jahrhunderte deutlich verändert: König Heinrich IV. harrte vom 25. bis zum 28. Januar 1077 vor der Burg Canossa aus, um die Lösung seines Kirchenbanns zu erreichen. Lampert von Hersfeld beschrieb die Bußhandlung so: „Hier stand er nach Ablegung der königlichen Gewänder ohne alle Abzeichen der königlichen Würde, ohne die geringste Pracht zur Schau zu stellen, barfuß und nüchtern, vom Morgen bis zum Abend. So verhielt es sich am zweiten, so am dritten Tage. Endlich am vierten Tag wurde er zu Papst Gregor VII. vorgelassen und nach vielen Reden und Gegenreden wurde er schließlich vom Bann losgesprochen.“

Der exkommunizierte König Heinrich VI. bittet Markgräfin Mathilde um Vermittlung bei Papst Gregor VII. Nachzeichnung einer Miniatur aus der Handschrift Vita Mathildis des Donizo von Canossa
Bild: Wikimedia Commons

Der Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst musste mehr als doppelt so lange in Rom warten, bevor er am 25. Oktober 2013 zu Papst Franziskus vorgelassen wurde. Doch der Pontifex ging nicht auf den gewünschten Ablasshandel ein. Die vom Bischof verbreitete heiße Luft traf auf den langen Atem des Heiligen Vaters. Statt eine Entscheidung zu fällen, schickte er den Roi Soleil unter den Bischöfen nach dem 20 Minuten dauernden Gespräch zu einer Auszeit ins Benediktiner-Kloster im bayrischen Metten. Der Heilige Vater setzt auf die therapeutische Kraft des Glaubens.

Die äußeren Umstände der Bußgänge hätten unterschiedlicher nicht sein können. Während Heinrich IV. in vielen Tagesmärschen zu Pferd anreiste und im Büßergewand vor der Burg in Canossa ausharrte, landete Tebartz-van Elst im Billigflieger in Rom Ciampino. Untergebracht war er im Päpstlichen Kolleg „Santa Maria dell’Anima“ – mitten in Rom. Sein Büßerkleid bestand aus perfekter Bischofskleidung, schwarzer Soutane, Brokat-Schärpe und violettem Pilleolus (Scheitelkäppchen).

Nach seiner Ankunft im Kloster Metten hieß es in einer Mitteilung der Abtei: „Die Benediktiner freuen sich, dass der Bischof von Limburg in Metten eine geistliche Zeit der Erholung verbringt.“ Die Freude über die verordnete Einkehr dürfte einseitig gewesen sein, denn in Limburg war zur gleichen Zeit eine Kommission der Deutschen Bischofskonferenz eingekehrt, um die exorbitanten Kosten für den Umbau des Bischofssitzes zu untersuchen.

Inzwischen wurde der Abschlussbericht der Prüfungskommission veröffentlicht. Die aufgelisteten Verfehlungen von Tebartz-van Elst waren so gravierend, dass er sich auf Druck von Papst Franziskus mit einer „gloria interrupta“ selbst aus dem Verkehr zog. Der interruptus ist für die katholische Kirche die einzig zugelassene Verhütungsmethode. Die mit der Inquisition beauftragten Geistlichen hatten bei ihrem Abschlussbericht lange um die zutreffende Diagnose für den Protzbischof gerungen. Zur Wahl standen: delirium magnitudinis (Größenwahn) oder delirium luxuriae (Verschwendungssucht). So passte die von Philippe Starck entworfene Doppelbadewanne mit Nackenstützen an beiden Enden so gar nicht zum zölibatären Lebenswandel des Chefseelsorgers einer Diözese.

Unbeabsichtigt lieferte Tebartz-van Elst der CSU die Vorlage für einen griffigen Slogan zur Landtagswahl: „Wer betrügt, der fliegt.“ Ursächlich für die Feststellung war, dass Tebartz-van Elst mit dem Billigflieger nach Rom flog, nachdem er in die Sozialkasse des bischöflichen Stuhls gegriffen hatte. Am Tiber wurde er ebenso wenig herzlich empfangen wie die erwarteten Armutsflüchtlinge aus Bulgarien und Rumänien.

Generalvikar Franz Josef Kaspers wurde als williger Putzerfisch enttarnt, der dem Bischof im Wunsch nach Gediegenheit und Geheimhaltung den Rücken frei hielt. Das geschah auch als der Gralshüter beim Vergehen an Kindern aus armen kinderreichen Familien seinen wahren Charakter offenbarte. An den für sie bestimmten Geldern aus dem St. Georgswerk bediente er sich heimlich, um die Kostenexplosion des Limburger Versailles zu vertuschen.

Der Kasus Limburg war das Fehlverhalten eines einzelnen Bischofs. Doch mit der unternehmerischen Unfehlbarkeit anderer Kirchenführer ist es auch nicht weit her. So musste eine Teilauflage des neuen „Gotteslobes“ wegen zu dünnen Papiers eingestampft werden. Eingestampft wurde auch der Weltbild-Konzern wegen unternehmerischer Inkompetenz. Der Wochenzeitung „Publik“ und dem „Rheinischen Merkur“ ging es bereits früher an den Kragen. Doppelte Moral ersetzt in der Kirche noch viel zu häufig die Doppelte Buchführung. 

 

 

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