Auf der Suche nach den vergessenen Geschichten

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Westfalen – Zwischen dem 28. September und 4. November 2012 zeigt der Bielefelder Kunstverein Arbeiten (Bilder, Texte und Filme) von den in Lima lebenden Künstler Gilda Mantilla & Raimond Chaves. Über einen Zeitraum von neun Monaten, zwischen Dezember 2010 und August 2011, besuchten Gilda Mantilla und Raimond Chaves regelmäßig die Stadt Iquitos im Nordosten Perus. Dort trugen sie in dieser Region produzierte Bilder, Texte und Tonaufnahmen aus Magazinen, Zeitungen, Sammlungen von Fotografien, Tonträgern und Filmen zusammen.

Foto: Bielefelder Kunstverein

Ihr Forschungsvorhaben konzentrierte sich vorwiegend auf die Bibliothek des Zentrums für technische Studien des Amazonas – gegründet mit dem fortschrittlichen Vorhaben des Augustinerordens, der bereits in den 1960er Jahren mit den traditionellen Methoden der Evangelisierung und Kolonialisierung brach. Ebenso recherchierten sie in der Bibliothek des Forschungsinstitut Peruanischen Amazonas, angegliedert an die lokale Verwaltung und mit einem stärkeren Fokus auf Technik in ihrem Bestand.

Foto: Bielefelder Kunstverein

Die entstandene Arbeit »Un afán incómodo (An uncomfortable eagerness)«, wie auch schon in früheren Projekten (Dibujando América, 2005, Dibujando B…, 2006) beschäftigt sich mit der Frage wie ein Ortsfremder einen lokalen Kontext lesen oder die Lesweise eines Ortes herstellen kann. Die Künstler waren fasziniert von der Bibliothek, dem Aufbewahrungsort der Bildgeschichte von Iquitos, einer Stadt die nur über den See- oder Luftweg zu erreichen ist. Tatsächlich zieht ihre Zentralbibliothek in vielfältiger Weise ein Ur-Wissen aus den umliegenden Wäldern. Mantilla und Chaves fühlten sich von einer Region angezogen, die in jüngster Zeit das Zentrum heftiger Debatten um die Identität des Amazonas, und von einer Stadt, die wesentliche zeitgenössische, kulturelle und künstlerische Bewegungen hervorgebracht hat.

Mantilla und Chaves entschieden sich ihre Quellen auf private Erzählungen und Anekdoten hin zu durchsuchen. Die Logik bei ihrem Vorhaben war von einer willkürlichen Logik geleitet, die mehr auf Intuition als auf einer strukturierten Methode beruhte. Mit der gemeinsamen Präsentation vergessener Bilder privater Erinnerungen und Bilder offizieller Geschichtsschreibung etablieren die Künstler eine Beziehung zwischen beiden Seiten.

Bielefelder Kunstverein Aussenansicht – Foto Matthias Schrumpf

In dem Bewusstsein, dass sie es mit einem Ort zu tun hatten, der Beständigkeit eher durch seine Bilder als über den Alltag gewinnt, wählten sie Fragmente der Vergangenheit und der Gegenwart, um die Illusion einer zeitlosen Kontinuität zu erzeugen. Der wesentliche Antrieb für dieses Projekt war gewissermaßen das unangenehme Verlangen, welches den Versuch begleitet eine repräsentative Bildsequenz eines Ortes zu entwickeln, selbst wenn wir wissen, dass ein solcher Versuch zu Vorurteil und Verfremdung verdammt ist. (Text: Tatiana Cuevas )

Gilda Mantilla (*1967 in Los Angeles, USA) und Raimond Chaves (*1963 in Bogota, Kolumbien) leben und arbeiten in Lima, Peru. Schon seit 2001 arbeiten die beiden Künstler als Kollektiv. Ihre Arbeiten wurden schon in mehreren Einzelausstellungen unter anderem bei ProjecteSD, Barcelona (Spanien), bei Revolver Galería, Lima (Peru) und im Patio Herreriano, Museo de Arte Contemporáneo Español, Valladolid (Spanien) gezeigt, zudem nahmen sie an zahlreichen internationalen Gruppenausstellungen unter anderem im Museo de Arte del Banco de la República, Bogota (Kolumbien), im Centro Andaluz de Arte Contemporáneo, Sevilla (Spanien) und in der Zürich Kunsthalle im Museum Bärengasse (Schweiz) teil. In einem Zeitraum von mehreren Jahren sind während verschiedener gemeinsamer Reisen durch Südamerika unzählige Zeichnungen und Videoarbeiten entstanden, die mit einer Reflexion in Bildern über einen Kontinent, seine unterschiedlichen Entwicklungen und vielfältigen Spannungen einhergehen.

Bielefelder Kunstverein im Waldhof / Welle 61 / 33602 Bielefeld
Telefon 0521 – 17 88 06
www.bielefelder-kunstverein.de

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