Der Kiepenkerl bloggt: Studentisches Fechten

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Mensursport
Dass das studentische Fechten einmal olympische Disziplin werden könnte, ist kaum anzunehmen. Doch unabhängig davon sind Bestimmungsmensuren ein Schlüssel zum Erfolg im Studium und im Beruf. Mensuren und deren Vorbereitung fördern strategisches Denken, Disziplin und Beharrlichkeit. Als Mannschaftssport stärkt die Mensur den Teamgeist, denn Corpsstudenten fechten zum Zeichen der Verbundenheit mit ihren Corpsbrüdern und nicht, um dem Ego zu schmeicheln. Sportliche Menschen sind auch geistig fit, strahlen Selbstbewusstsein und Zufriedenheit aus.

Mensur-Waffen
Warum die Bestimmungsmensur in einigen Universitätsstädten mit Korb, in anderen mit Glocke gefochten wird, ist ungeklärt. Als Faustregel gilt: Rechts der Elbe wird mit Glocke, links der Elbe wird mit Korb gefochten. Im Emblem des Kösener Senioren-Convents-Verbandes (KSCV) sind beide Waffen gekreuzt.

Studentisches Fechte1.Blog_© By NN (Archiv des KSCV) [Public domain], via Wikimedia Commons

Bild: © By NN (Archiv des KSCV) [Public domain], via Wikimedia Commons

Corpsstudent und Bischof
Obwohl die katholische Kirche zur Mensur lange ein ambivalentes Verhältnis hatte, waren im 19. Jahrhundert zahlreiche Studenten der katholischen Theologie in Corps aktiv. Einen Beweis für deren liberale Haltung lieferte die Stiftung des Corps Suevia Freiburg. Von den 13 Gründungsburschen waren acht Studenten der katholischen Theologie, denn Mensuren gehörten ganz selbstverständlich zum Leben eines jeden Studenten. Corpsstudenten waren damals nicht nur Priester, einige stiegen sogar zu hohen Würdenträgern in der katholischen Kirche auf. Herausragende Positionen bekleideten Freiherr Wilhelm Emmanuel von Ketteler, Guestphalia Göttingen, Erzbischof von Mainz, Georg von Scherr, Palatia Bonn, Erzbischof von München und Freising, Heinrich von Hofstätter, Isaria München, Bischof von Passau, Leopold Pelldram, Borussia Breslau, Bischof von Trier oder Johann Maria Assmann, Lusatia Breslau, Titularbischof von Philadelphia.

Moralvorstellungen im Wandel
Durch kirchliche Weisungen hinterließ der Kulturkampf auch an den Universitäten deutliche Spuren. So lehnte die katholische Kirche zur Reglementierung liberaler Strömungen in der Gesellschaft auch die Mensur ab. Das führte vermehrt zur Gründung und Begünstigung katholischer Studentenverbindungen, die selbstverständlich nicht schlagend waren. Spätestens seit der Modernisierung des Kirchenrechts, das Papst Johannes Paul II. 1983 in Kraft setzte, ist die Mensur auch für Katholiken, die Corpsstudent werden möchten, kein Hinderungsgrund mehr.

Höchstrichterliche Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hatte sich 1953 mit einer Klage zu beschäftigen, die das Verbot von Bestimmungsmensuren zum Ziel hatte. Der V. Strafsenat folgte den Argumenten des Klägers in seinem Urteil nicht, weil die Verletzungsgefahr bei den stets gleich starken Fechtern, die durch eine Schutzbrille und Bandagen geschützt sind, sehr gering sei. Mit diesem Freispruch erster Klasse taten sich die katholischen Moraltheologen schwer. Deshalb hieß es in Studentenkreisen lange:

Wer vor der Ehe mit der Freundin schläft,
lebt nicht nach der kirchlichen Lehre –
dann kann er auch fechten.

Protestanten (Wüstgläubige nach katholischer Dogmatik) hatten nie moralische Zweifel an der Zulässigkeit von Bestimmungsmensuren im Rahmen der Festlegungen des KSCV.

 

 

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