Wilhelm Busch hat es gewusst, sagt der Kiepenkerl

Wilhelm Busch hat es gewusst: Er hat vermutlich das Schleifen von Bildungsstandards an deutschen Schulen geahnt, als er schrieb:

Also lautet der Beschluss,

dass der Mensch was lernen muss.

Nicht allein das ABC

bringt den Menschen in die Höh‘,

nicht allein im Schreiben Lesen,

aber auch mit Rechensachen

soll der Mensch sich Mühe machen.

Seit 2000 untersucht PISA (Programme for International Student Assessment) alle drei Jahre die Kompetenzen von 15-jährigen Schülerinnen und Schülern in Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften.

Wilhelm Busch hat es gewusst, sagt der Kiepenkerl

Trotz Rechtschreibprogramme werde viele Rechtschreibfehler gemacht – Foto Pixabay

Die Jugendlichen in Deutschland schneiden in Mathematik, im Lesen und in Naturwissenschaften deutlich schlechter ab als noch 2018. Rund ein Drittel der getesteten 15-Jährigen hat in mindestens einem der drei Bereiche nur sehr geringe Kompetenzen. Die Ergebnisse bestätigen einen Abwärtstrend, der sich in den vorherigen PISA-Studien bereits angedeutet hatte. Eine Bestätigung für die Einschätzung unseres Wilhelm Busch.

Diese Entwicklung hat eine Vorgeschichte: Auf die freie Liebe der 68er-Generation folgte das freie Schreiben. Die Spontis waren davon überzeugt, dass Rechtschreibkritik auch Gesellschaftskritik beinhaltet. Wer bereits in jungen Jahren glaubt, der Dativ sei dem Genitiv sein Tod, ist auch als Erwachsener nicht zu einer nachhaltigen Bildungsreform bereit.

Wen wundert´s, dass viele Etablierte in der Rechtschreibung heute unsicher sind. Schließlich kamen die ehemaligen Mitglieder der linksgerichteten Studenten- und Bürgerbewegung in die Jahre. Hätten sie doch auf Wilhelm Busch gehört.

Das Problem blieb lange unter der Decke, denn mancher, der eine Führungsposition ergattert hatte, delegierte die Rechtschreibung an seine Sekretärin. Doch mit dem Siegeszug des Computers in den Unternehmen starben die Schreibkräfte aus. Damit gilt Rechtschreibung wieder als Ausdruck von Bildung.

Ich selbst versuche, mich streng an die Regeln der Grammatik und Orthografie zu halten. Doch trotz des Rechtschreibprogramms sind Fehler nahezu garantiert. Deshalb lautet mein Grundsatz für wichtige Texte: Vor dem Schreiben denken und nach dem Schreiben prüfen. Zur Sicherheit lasse ich einen alten Fuchs drüber schauen.

Nach dem Durchmarsch der 68er durch die Institutionen ist eine Generation herangewachsen, die nach Gehör „schreipt“ und den Duden ignoriert. Das Ohr entscheidet, was aufs Papier kommt. Das nennt man Orthografie der Vielfalt. In der Alltagskommunikation mit vertrauten Personen ist das okay, denn dort kann eine gewisse Fehlertoleranz unterstellt werden. Doch auch in der elektronischen Geschäftskorrespondenz mangelt es an Orthografiekenntnissen und Sprachgefühl. Korrekturlesen gilt als Zeitverschwendung. Das passt ins Bild, denn die Generation Y („why“,warum?) stellt verstärkt Traditionen, Hierarchien und Arbeitsweisen in Frage. Damit unterscheidet sie sich deutlich von den „Baby-Boomern“ der 50er und 60er oder der vorangehenden eher skeptischen X-Generation der 50er und 60er Jahre. Die Generation, die den Baby-Boomern vorangeht, nennt man die Silent-Generation (stille Generation, wurde zwischen 1928-1945 geboren.

Ein Grund für zahlreiche Fehler sind die häufigen Änderungen der Rechtschreibregeln. Schade, dass die linguistischen Besserwisser in ihren Rechtschreibregeln dem Volk nicht auf die Feder geschaut haben. Turbo in der Schule und am Smartphone besorgten den Rest. Der Laie staunt, dass sich angesichts der schulischen Oberflächlichkeit die Einser-Noten auf den Zeugnissen wie die Karnickel vermehren. Trotzdem dürfen wir den Sand nicht länger in den Kopf stecken. Sonst wird die Schule zur Brutstätte für die orthografische Verdummung ganzer Generationen.

In Büchern und anderen professionellen Texten hält sich die Volksverblödung in Grenzen. Doch Gedrucktes interessiert junge Leute kaum. Sie starren in jeder freien Minute auf den Bildschirm ihres Smartphones oder Computers und sind mit WhatsApp, Twitter, Facebook oder Computerspielen vollauf beschäftigt. Viele glauben offensichtlich, dass Bildung von Bildschirm kommt und nicht von Schule und Schulung.

In vielen Bundesländer wird darüber nachgedacht, Smartphones an Schulen zu verbieten, weil sie die Aufmerksamkeit im Unterricht massiv stören. Der Ruf nach einem Handyverbot an Schulen ist in aller Munde, denn: Unternehmen beklagen, dass die Pädagogik der Vielfalt bereits den Mathematik- und Physikunterricht erfasst hat. Wird die Reduzierung der Bildungsstandards in diesen Bereichen nicht gestoppt, gerät der Industriestandort Deutschland in Gefahr.

Donald Trump könnte für eine Trendwende sorgen. Er streicht selbst Eliteuniversitäten die Forschungsmittel, wenn sie sich nicht nach seinen Vorschriften ausrichten. Die Verunsicherung ist so groß, dass viele Spitzenkräfte bereits über Auswanderung nachdenken. Das ist eine Chance für den Standort Deutschland.

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