Günter Malchow sieht Münster mit neuen Augen

Günter Malchow sieht die Stadt Münster mit neuen Augen: Sein aktuelles Werk ist weit mehr als eine Sammlung von Fotos. „Münster – Passagen zur Stadt“ ist das konzeptionelle Fotoprojekt des Münsteraner Künstlers Günter Malchow. Es nähert sich der Stadt auf eine ganz besondere Weise.

Günter Malchow sieht Münster mit neuen Augen

Mitarbeiter des “Haus der Wohnungslosenhilfe” auf der Bahnhofstraße in Münster – Foto Günter Malchow

Günter Malchow – 1955 in Coesfeld geboren – ist in Münster ein vertrauter Name. Seit vielen Jahren – nach seinem Studium an der Kunstakademie in Düsseldorf unter anderem bei Peter Kleemann und als Meisterschüler bei Konrad Klapheck – arbeitet er als anerkannter Künstler in dieser Stadt.

Günter Malchow sieht Münster mit neuen Augen

Der Künstler Günter Malchow (mitte) bei der Ausstellungseröffnung seines Fotoprojektes in der Kanzlei HLB Schumacher – Foto Erik Hinz

Seine Malerei stand zu Beginn der 80er Jahre ganz im Zeichen des Fotorealismus. Im Laufe seiner künstlerischen Entwicklung löste sich Günter Malchow vom Gegenstandsbezug seiner Malerei. Er kam „Im Wandel der Wirklichkeit“ zu abstrakten Arbeiten, die aus mehrfarbigen Farbschichten und Farbflächen bestehen. Es entstanden kontemplative und komplexe Systeme von Linien und Flächen. Seit 1983 wurden seine Arbeiten in vielen Ausstellungen gezeigt.

Günter Malchow sieht Münster mit neuen Augen

Sharon Fehr, Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde in Münster – Foto Günter Malchow

Als „artist in residence“ hat er 2019 in Berlin die Grundlage für seine konzeptionellen Fotoprojekte gelegt. Das Projekt nannte er „Malchow in Lichtenberg – eine Wanderausstellung“. Zur Jubiläumsfeier „1.000 Jahre St. Aposteln“ realisierte er 2021 in Köln eine Installation mit vier 18 Quadratmeter großen Planen an der Basilika. Darauf waren jeweils 12 Fotos mit Personen aus dem Gemeindebereich abgebildet. Als Projekt-Stipendium der Stadt Münster konnte er dann 2021/2022 „Münster – Passagen zur Stadt“ verwirklichen.

Prof. Dr. Dr. Birgit Burkhardt, Kinderonkologin am UKM Münster, sieht eine Passsage zur Stadt auf ihrem SUP-Board über die Werse – Foto Günter Malchow

Tatsächlich kann man sich eine Stadt historisch, kulturell, touristisch, typografisch, architektonisch, städtebaulich, wirtschaftlich, gesellschaftlich oder über ihre Bewohner erschließen; Günter Malchow hat eine ungewöhnliche Perspektive gewählt. Herausgekommen ist ein  inspirierendes Experiment. Die Ausstellung des Fotoprojektes ist vom 4. November bis in den Mai 2025 in der renommierten Kanzlei HLB Schumacher an der Apostelkirche in Münster zu sehen. Eine vorherige Anmeldung während der Bürozeiten wird empfohlen.

Günter Malchow sieht Münster mit neuen Augen

Dr. Michael Kaufmann begrüßt im Namen der HLB Schumacher die Gäste der Vernissage – Foto Erik Hinz

Am 4. November gab es eine gut besuchte Vernissage in den Räumen der Kanzlei. Rund 120 kunstsinnige Besucher waren gekommen, um die Ausstellung mit 40 Porträtfotos zu betrachten und als Gast auch einen der Kataloge in Empfang zu nehmen. Unter den zahlreichen Gästen der Vernissage waren auch einige der Protagonisten, die Günter Malchow vor gut zwei Jahren porträtiert hatte.

(v.l.n.r.) Westfalium-Redakteur Dr. Jörg Bockow, HLB Schumacher Geschäftsführer Dr. Michael Kaufmann, Künstler Günter Malchow und Diözesancaritasgeschäftsführer Dr. Christian Schmitt während der Vernissage zur “Münster – Passagen zur Stadt” – Foto Erik Hinz

Das konzeptionelle Fotoprojekt besteht aus zwei Stufen, die aufeinander aufbauen. Günter Malchow ist dafür 2022 mit der Unterstützung durch das Projektstipendium der Stadt Münster aufgebrochen und hat sich an der Stadtgrenze auf die Suche nach möglichen Zugängen, nach den wie er sagt „Passagen zur Stadt” gemacht. Seine Fotos sehen die Einfallstore mit dem nüchternen Auge eines Chronisten. Mehr als hundert Passagen hat er an der Stadtgrenze ausgemacht – teilweise unscheinbare Wege, Pfade, Schleichwege. Sie hat er fotografiert – distanziert und sachlich wie Tatortfotos.

Ausgewählte Aufnahmen – insgesamt 104 – hat Malchow auf ein großes Tuch drucken lassen. Dieses Fototuch hat er als ein Requisit mit zu 40 von ihm ausgewählten Münsteranerinnen und Münsteranern genommen. Es sind dies teils bekannte, teils weniger bekannte Gesichter, vorzugsweise Prominente, die für Münster stehen. Diese Protagonisten lässt er vor der Kamera mit diesem Tuch interagieren.

Das Besondere der Fotos liegt im Zusammenspiel zwischen dem durchaus „sperrigen“ Requisit, dem oder der Abgebildeten und dem Fotografen. Jedes der Fotos ist das Dokument einer individuellen Interaktion und eines persönlichen Momentes.

Günter Malchow sieht Münster mit neuen Augen

Die Besucher widmeten sich intensiv den ausgestellten Fotos und kommentierten die Porträts – Foto Erik Hinz

Die abgebildeten Personen stehen allesamt für das Jahr 2022, in dem die Fotografien entstanden. Das Fotoprojekt „Münster – Passagen zur Stadt“ ist eine Momentaufnahme, die einen aktuellen Blick auf die Stadt erlaubt.

In seiner Einführung wies Westfalium-Redakteuer Jörg Bockow während der Vernissage darauf hin, dass man sich mit Ruhe auf die Porträtfotos einlassen sollte. “Kaum ein Foto, das einen bei genauerem Betrachten unberührt oder gar kalt lässt. Günter Malchows Fotoprojekt lädt uns dazu ein, die scheinbar alltäglichen Passagen, die wir oft gedankenlos durchschreiten, mit neuen Augen zu sehen und nach ihren Geschichten zu fragen.” Seine Rede schloss er mit den Worten ab: “Vielleicht ist es genau das, was Kunst zu leisten vermag: Die Fähigkeit, im Alltäglichen das Besondere zu erkennen – und im Vertrauten das Unbekannte neu zu entdecken. Ich lade Sie zu einer  Begegnung ein, entdecken Sie Ihren ganz eigenen Zugang zu diesen Fotos – und vielleicht auch zu Ihrer eigenen Geschichte?!” Das Fotoprojekt bietet einigen Gesprächsstoff.

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