Kunsthalle Münster zeigt Mary Beth Edelson

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Münster – Am 14. Dezember wird in der Kunsthalle Münster die Ausstellung “Nobody Messes with Her” mit Arbeiten der amerikanischen Künstlerin Mary Beth Edelson eröffnet. Die Ausstellung ist vom 15. Dezember 2018 bis 10. März 2019 zu sehen.

Mary Beth Edelson: Sheela Plays Kali (Woman Rising Series), 1973, Öl, Tinte, China Marker und Collage auf Silbergelantine-Print, 25,4 x 20,3 cm, Courtesy of the artist and David Lewis, New York

Mary Beth Edelson (geb. 1933 in East Chicago; lebt in New York) ist eine der wichtigsten Vertreterinnen der feministischen Kunst seit den 1970er Jahren. In ihrer Karriere hat die amerikanische Künstlerin eine fortlaufende Erforschung der weiblichen Identität betrieben. Humorvoll und ironisch, subtil und provozierend dekonstruiert sie in ihren Malereien, Collagen und Performances die traditionelle Ikonografie des Weiblichen, befragt gesellschaftliche Konstruktionen von Weiblichkeit und fordert hegemoniale patriarchalische Werte heraus. In ihrer ersten Einzelausstellung in einer deutschen Institution zeigt die Kunsthalle Münster Werke aus knapp fünf Jahrzehnten des Schaffens der wegweisenden Künstlerin, die eine wichtige Rolle in der Geschichte der feministischen Kunstbewegung spielt und deren Werke nach wie vor eine große Aktualität besitzen. Die umfangreiche Präsentation bietet die Möglichkeit, das Werk einer in Deutschland bislang noch wenig bekannten Künstlerin kennenzulernen, die in einem Atemzug mit Künstlerinnen wie Nancy Spero, Ana Mendieta, Miriam Schapiro und Carolee Schneemann genannt werden muss.

Im Zuge der Bürgerrechts- und Frauenbewegung der späten 1960er und frühen 1970er Jahre gelang es Künstlerinnen erstmals auf kollektive Weise ihren Platz in der bildenden Kunst zu behaupten. Über Jahrhunderte hatte sich die Vorstellung verfestigt, Weiblichkeit sei die Abweichung von der Norm. Simone de Beauvoir schrieb in ihrem Buch »Das andere Geschlecht« (1951): »Die Menschheit ist männlich, und der Mann definiert die Frau nicht an sich, sondern in Beziehung auf sich; sie wird nicht als autonomes Wesen angesehen.« Vor diesem Hintergrund entstand der Drang, das bestehende System aufzubrechen. Die Künstlerinnen wollten eine eigene künstlerische Sprache etablieren. Indem Edelson in ihren Werken ein eigenständiges weibliches Subjekt präsentiert, das sich nicht über die Beziehung zum Mann definiert, bricht sie mit der vorherrschenden Wirklichkeit. Sie zeigt die Frau nicht als das andere, relative Objekt, schafft stattdessen Bilder einer genuin weiblichen Repräsentation und entwickelt eine eigene feministische Ästhetik.

 

In ihrer Ausstellung »Mary Beth Edelson: Nobody Messes with Her« präsentiert die Kunsthalle Münster Poster, Collagen, Fotografien, Zeichnungen und Chiffon-Installationen aus allen künstlerischen Schaffensphasen Edelsons, darunter auch Werke, die bislang noch nie in Europa gezeigt wurden. Auch ihr legendäres Plakat »Some Living American Women Artists/Last Supper« (1972), das zu einem der ikonischen Bilder der feministischen Kunstbewegung wurde, wird in Münster zu sehen sein. In dieser Arbeit überschreibt Edelson »Das letzte Abendmahl« von Leonardo da Vinci, ersetzt Jesus und die zwölf Jünger durch 69 Künstlerinnen. Diese ikonografische Verschiebung kann als Akt der Selbstermächtigung verstanden werden, als kritisches Statement gegenüber einer Religion, die Frauen jahrhundertelang unterdrückt hat. Neben dieser ersten Appropriation aus der christlich-religiösen Darstellungstradition ist in Münster eine Reihe von Fotografien von rituellen Performances zu sehen, die Mitte der 1970er Jahre entstanden sind und als »Goddess Art« bezeichnet werden. Der passiven weiblichen Aktdarstellung antwortet Edelson mit einem dynamischen und kraftvollen Aktionismus, mit Emanzipation und Selbstermächtigung.

Edelsons mythisch-natürlicher Ansatz beruht auf einer performativen Wiederbelebung antiker Göttinnen und Kultfiguren. Die Serie »Woman Rising« (1973–1977) zeigt die Künstlerin nackt, während verschiedener Performances, die sie in der Natur abhielt. Die Fotografien, die sie anschließend übermalte und collagierte, thematisieren die Wiederentdeckung der weiblichen Energie sowie das kollektive Unbewusste. Symbole vergangener Zivilisationen ziehen sich auch durch die Reihe der »Cut Outs« (1973–2017), deuten dort inhaltlich und formal einen Aufstieg des weiblichen Subjekts an. Das Herausstellen von Weiblichkeit entspringt der Forderung der feministischen Bewegung, den Blick neben der politisch, sozialen und ökonomischen Situation auch auf den Körper und die Sexualität der Frau zu richten, um ein weibliches Bewusstsein und ein Bewusstwerden von weiblicher Identität zu gewinnen. In ihren Werken der 1980er und 1990er Jahre treten ihre Göttinnen nicht mehr in Form von Naturgottheiten, sondern als Filmstars oder Pin-up-Girls auf. Durch die Verbindung von traditionellen, spirituellen Naturgottheiten mit Pop-Ikonen problematisiert Edelson die Spaltung zwischen Natur und Kultur, denen diese Gruppen traditionell zugeordnet werden. Diese Begegnung vollzieht sich jedoch nicht nur im Ausstellungsraum, sondern in den Werken selbst, in deren Formenvielfalt die unterschiedlichen Charaktere immer wieder neu zusammengebracht werden.

In ihrer Zusammenschau gewähren Edelsons Werke ebenso wie ihre Schriften, Briefe und Notizen Einblicke in die feministische Bewegung und schaffen ein Bewusstsein für die kulturelle Bedeutung und Vielgestaltigkeit feministischer Kunst. Das Schaffen Mary Beth Edelsons ist beispielhaft für die Vorstellung eines Feminismus, der spielerisch, witzig und vielgestaltig ist.

„Mary Beth Edelson: Nobody Messes with Her“ ist die Antrittsausstellung von Merle Radtke, die zum 1. Juli 2018 die Leitung der  Kunsthalle Münster übernommen hat.

Kunsthalle Münster / Hafenweg 28 / 48155 Münster

Telefon 0251 – 492 4191

 

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