Gustav-Lübcke-Museum: Sehnsucht Finnland

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Westfalen – 70 skandinavische Meisterwerke aus der Zeit um 1900 sind vom 18. Oktober 2015 bis zum 20. März 2016 in Hamm zu sehen – mit der großen Sonderausstellung „Sehnsucht Finnland“ krönt das Gustav-Lübcke-Museum sein Wiedereröffnungsjahr 2015. Nach der Neueinrichtung sämtlicher Dauerausstellungen feiert das Museum nun zum Abschluss eine Deutschland-Premiere: Die international renommierte Gösta Serlachius Kunststiftung aus dem mittelfinnischen Mänttä ist bekannt für ihre exquisite Sammlung von Bildern aus dem „Goldenen Zeitalter“ finnischer Malerei und stellt diese Schätze nun das erste Mal in der Bundesrepublik aus.

Akseli Gallen-Kallela: Gewitterwolken 1897

Akseli Gallen-Kallela: Gewitterwolken, 1897

In Finnland sind die Gemälde aus der Epoche zwischen 1880 und 1920 so berühmt, dass sie dort als Nationalschatz gelten, jetzt gehen sie geschlossen auf Reisen. „Wir sind stolz, diese bedeutende Kollektion bei uns zeigen zu können“, sagt die Hammer Museumsdirektorin Dr. Friederike Daugelat.

Akseli Gallen Kallela: Landschaft in Kuhmo 1890

Akseli Gallen Kallela: Landschaft in Kuhmo, 1890

Erst zweimal war die Gösta Serlachius Kunststiftung mit einer ähnlich großen Stückzahl an Bildern in anderen Museen zu Gast – nach Paris und Stockholm ist Hamm die erst deutsche Station der Werke von Malern wie Akseli Gallen-Kallela, Hugo Simberg, Albert Edelfelt, Pekka Halonen, Victor Westerholm oder Helene Schjerfbeck.

 Pekka Halonen: Sägemühle in Myllykyllä 1899


Pekka Halonen: Sägemühle in Myllykyllä, 1899

Über 30 verschiedene Maler sind in der Schau vertreten, die damit ein breites Panorama der finnischen Kunst von der Wende des 19. zum 20. Jahrhundert zeichnet. Die Bilder dieser Künstler sind deshalb in Finnland so bekannt, da die Maler mit ihren Werken die dort aufkommende Nationalbewegung unterstützten. Durch die Ansichten von blauen Seen, hohen Himmeln und tiefen Wäldern gaben sie ihrer Heimat, die 700 Jahre unter schwedischer und 100 Jahre unter russischer Fremdherrschaft stand, erstmals ein Gesicht und damit eine eigene Identität.

Albert Edelfelt: Am Ankerplatz in Kopenhagen, 1890

Albert Edelfelt: Am Ankerplatz in Kopenhagen, 1890

Die Kunst hatte also auch eine politische Funktion, und die Bestrebungen der so genannten „Fennomanen“ wurden von Erfolg gekrönt: 1917 wurde Finnland schließlich unabhängig. Die Gemälde erfreuen sich auch heute noch einer so großen Beliebtheit, weil es den Malern augenscheinlich gelungen ist, die Charakteristika ihres Landes einzufangen. „Die weiten Landschaften lösen immer noch eine Sehnsucht nach Norden aus, und die Bilder bieten gleichzeitig echte Neuentdeckungen“, fasst Friederike Daugelat zusammen. „In Skandinavien kennt fast jeder Kunstliebhaber diese Maler und ihre Werke, in Deutschland sind sie noch ein Geheimtipp – aber eine Entdeckung lohnt sich unbedingt.“

Neben den typisch finnischen Landschaften und Seestücken begegnen dem Publikum auch Bilder mit noch ganz im traditionellen Leben verhafteten Menschen, es gibt anrührende Porträts und Darstellungen von Saunagängern, aber auch überraschend moderne Zugänge, die einerseits die aufkommende Industrialisierung in den Blick nehmen, andererseits aber auch schlicht das menschliche Leben feiern. Da die Maler fast alle eine Ausbildung in Paris, damals das Zentrum der Avantgarde, genossen haben, finden sich in den Gemälden auch viele bedeutende Strömungen vom Impressionismus über Realismus und Jugendstil bis zum Symbolismus, oft in eigener nordischer Ausprägung.

Hugo Simberg: Tanz auf dem Anleger. 1903

Hugo Simberg: Tanz auf dem Anleger, 1903

Die finnischen Künstler knüpften damals internationale Kontakte, etwa zu Edvard Munch oder den Brücke-Malern. Sie waren auf den Weltausstellungen sowie auf Präsentationen in ganz Europa vertreten. In Finnland, Schweden oder Dänemark sind ihre Namen auch jetzt noch in der Kunstszene sehr geläufig und Garanten für hohe Qualität.

Die Ausstellung gliedert sich in elf Stationen. Ein eigener Abschnitt ist dem bekanntesten finnischen Künstler Akseli Gallen-Kallela gewidmet, der sich durch seine Bilder im Stil der Nationalromantik eine herausragende Stellung in der Kulturgeschichte seines Landes gesichert hat. Daneben können die Besucher in weiße Winterwelten eintauchen, aufstrebenden jungen Künstlerinnen begegnen, die Auswirkungen der Freilichtmalerei kennenlernen oder seltene finnische Stillleben entdecken. Übersichtliche Texte führen in die jeweiligen Kapitel ein, ein kostenloser Audioguide bietet zudem in einem einstündigen Rundgang einen individuellen Zugang zu den Werken.

Die Gösta Serlachius Kunststiftung gehört in Finnland zu den bekanntesten Privatsammlungen. Der Industrielle Gustaf Adolf Serlachius (1830 – 1901) legte mit seiner Sammlung zeitgenössischer Künstler den Grundstock für die heutige Stiftung. Gründer und Namensgeber der Stiftung war Gösta Serlachius (1876 – 1942), der die Papierfabriken seines Onkels und Schwiegervaters zu einem der führenden Forstunternehmen des Landes ausbaute. Wie G. A. Serlachius war auch Gösta persönlich mit Akseli Gallen-Kallela bekannt, die Stiftung verfügt daher neben dem Nationalmuseum Ateneum in Helsinki über das größte Konvolut von Arbeiten dieses bedeutenden Künstlers. Da die Sammeltätigkeit der Stiftung immer weiter ausgebaut wurde, umfasst sie heute bereits insgesamt über 7.000 Gemälde mit dem Schwerpunkt auf dem Goldenen Zeitalter. Ganz im Geist der Gründungsväter haben aber immer auch Werke moderner Maler Eingang gefunden. Da viele finnische Künstler um 1900 mit Malern benachbarter Länder befreundet waren, sind beispielsweise auch schwedische Gemälde in der Kollektion vertreten, von denen einige ebenfalls in Hamm zu sehen sind. 2014 wurde am ehemaligen Wohnhaus der Familie Serlachius in Mänttä ein großer Museumsneubau eröffnet, der sich schnell zu einem Magneten entwickelt hat und Tausende von internationalen Besuchern anzieht.

Der Eintritt in die Ausstellung „Sehnsucht Finnland“ inkl. Dauerausstellung und kostenloser Nutzung des Multimediaguides beträgt 9 Euro, ermäßigt 7 Euro, Kinder bis 15 Jahre zahlen 5 Euro. Das Gustav-Lübcke-Museum ist dienstags bis samstags von 10 bis 17 Uhr geöffnet, sonntags von 10 bis 18 Uhr.

Gustav-Lübcke-Museum Hamm / Neue Bahnhofstraße 9 / 59065 Hamm
www.museum-hamm.de

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