Der Kiepenkerl: Schottische Unabhängigkeit?

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Was haben der Ring des Nibelungen und die schottischen Unabhängigkeitswahlen gemeinsam?

Ganz einfach: In beiden Fällen geht es um Gold und Macht. Sowohl im Streit um den Besitz des von den Rheintöchtern bewachten Rheingoldes als auch um die Erträge des aus der Nordsee geförderten schwarzen Goldes gibt es ehrbare Sachwalter und solche, die den Reichtum nicht hergeben wollen.

Map of Scotland within the United Kingdom.svg

Karte: “Map of Scotland within the United Kingdom” by Peeperman – This file was derived from: British Isles United Kingdom.svg . Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

Aus Sicht der Schotten hätte Loriot in seinem “Kleinen Opernführer“ zu Wagners “Rheingold“ vermutlich geschrieben: „Unverantwortlicherweise sind das Ober- und Unterhaus mit der Bewachung des schwarzen Goldes betraut, ohne im mindesten hierfür geeignet zu sein. Sie ließen sich einst von der Stuartköngin Anne aus London ansprechen. Ihre Nachfolger rauben das Gold und verschwinden mit den Erträgen in Richtung Vereinigtes Königreich. Das Unheil nimmt seinen Lauf. Wenn die Regierungen, sagen wir mal… etwas entgegenkommender gewesen wären, hätte man sich drei aufwendige Anläufe zur Unabhängigkeit sparen können. Das sollte zu denken geben.“ Dabei entspräche das Vereinigte Königreich Wagners Nibelheim, Anne, die 1707 England und Schottland einte, stünde an der Stelle von Alberich und die Regierungen würden die Rolle der Rheintöchter einnehmen.

 

Nachdem in den 1960-Jahren vor der schottischen Küste umfangreiche Öl- und Erdgasvorkommen entdeckt wurden, war klar, dass die Knauserköppe mit dem weißen Andreaskreuz auf blauem Grund in der Fahne die Erträge aus den Förderungen nicht mit den Engländern teilen wollen. Auch die Gewinne aus dem Verkauf des Ährengoldes (Whisky) möchten sie nicht länger nach London abführen. Die Scottish National Party (SNP), die die Naturschätze alleine für Schottland reklamierte, erhielt starken Zulauf. Daraufhin beschloss die Londoner Regierung zwar, den schottischen Wünschen nach Autonomie entgegenzukommen. Doch das im Jahr 1979 abgehaltene Referendum zur Übertragung von mehr staatlichen Rechten an ein schottisches Parlament scheiterte. Auch weitere Zugeständnisse reichten den Nationalisten nicht. So kam es zum Referendum am 14. September 2014.

No Thanks

Foto: “No thanks” by Kyoshi Masamune on Flickr

Bereits kurz nachdem das Votum zur Eigenständigkeit mit 55 Prozent NO-Stimmen abgelehnt worden war, lenkte Regierungschef David Cameron ein und versprach den Schotten mehr Autonomie. Das betrifft vor allem weitreichende Kompetenzen auf dem Gebiet der Steuererhebung, im Sozialbereich und bei den öffentlichen Ausgaben. Damit würden die Schotten mehr Rechte erhalten als die deutschen Bundesländer. Unklar ist, welche Konsequenzen die künftig reduzierten Einnahmen aus der Erdöl- und Erdgasförderung für England, Wales und Nordirland haben werden.

Eine Abspaltung von Schottland hätte fatale Signale an die Waliser und Nordiren gesandt. Auch die dortigen Separatisten kämpfen seit Jahren mehr oder weniger lautstark um die Autonomie ihrer Territorien. Die Risiken der völkerrechtlichen Eigenständigkeit wären unabsehbar gewesen. „Ein “Ja“ zur schottischen Unabhängigkeit hätte ein ähnliches Erdbeben wie seinerzeit der Zerfall der Sowjetunion ausgelöst“, sagte EU-Handelskommissar Karel de Gucht.

Ungeachtet der zu erwartenden Probleme einer staatlichen Unabhängigkeit plant die katalanische Regionalregierung für den 9. November 2014 ein Referendum über die politische Zukunft ihrer Provinz. Dabei geht es ihnen um die eigene regionale kulturelle Identität und eigenverantwortliche Selbstverwaltung, die auch die wirtschaftlichen Interessen nicht außer Acht lässt.

Den Bürgern wird folgende Frage vorgelegt: „Wollen Sie, dass aus Katalonien ein Staat wird?“ Wer diese Frage mit “ja“ beantwortet, soll sich noch zu einer zweiten Frage äußern, nämlich: „Wollen Sie, dass dieser Staat unabhängig ist?“ Zum Glück handelt es sich bei dem Referendum lediglich um eine Volksbefragung. Das Ergebnis kann also keine direkten Rechtswirkungen entfalten. Und in Bayern trötet nicht nur die Bayernpartei jetzt verstärkt in die gleiche Dudelsackpfeife …

 

 

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