Der Kiepenkerl bloggt: Alkopops

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Bei der Jugend haben Partys einen hohen Stellenwert. Problematisch sind nicht die Feiern als solche, sondern der enorme Verbrauch an hochprozentigen alkoholischen Getränken. Durch Vorglühen und Komasaufen fallen sogar Minderjährige nicht selten ins Delirium mit Bewusstseins- und Wahrnehmungsstörungen. Danach ist Chillen angesagt.

Vorbei sind die Zeiten als Wilhelm Busch dichtete: 

„Es ist ein Brauch von alters her:
Wer Sorgen hat, hat auch Likör!“

Heute füsiliert sich die Jugend mit Fusel. Bei Perestroika- und Glasnost-Feiern werden „Gorbatschow“ oder „Jelzin“ flaschenweise konsumiert und Bier staffettenweise heruntergepresst.

Vor diesem Hintergrund haben die Amerikaner dem Wort „Jägermeister“ einen anderen Sinn gegeben. Danach ist ein „Jägerdude“ jemand, der wilde Partys feiert und sich dabei einen „Jägermeister“ (Kräuterschnaps oder Wodka) nach dem anderen genehmigt, bis er ins Koma fällt. In der Übersetzung steht „dude“ für Kumpel, Kerl oder Heini.

Die Lösung des Alkopop-Problems ist schwierig, denn: „Ein Schweißfuß kommt selten allein.“ Das heißt, „Jägerdudes“ verfügen über einen ähnlichen Lockstoff, wie er in Borkenkäferfallen verwendet wird.

Durch die frühe Bindung ans andere Geschlecht haben sich die Prioritäten in der Lebenseinstellung verschoben. Nicht selten beginnt die Befreiung von Leibes- und Lebensproblemen im Bett. Dabei erhält der Begriff „Alkopop“ eine völlig neue Bedeutung.

Eng mit der Lustorientierung ist der Kulturverzicht verbunden. Besonders augenfällig wird das im Theater, wo sich kaum ein Jugendlicher sehen lässt. Es muss nicht gerade moderne Musik sein, bei der man nicht weiß, ob das Stück bereits begonnen hat oder ob das Orchester noch die Instrumente stimmt. Der Grund für die Abstinenz ist ganz einfach: Wer sich täglich mehrere Stunden den Kopf über Ohrstöpsel volldröhnt, kommt schnell zu der Erkenntnis:

„Musik wird nur als schön empfunden,
wenn sie mit viel Geräusch verbunden.“

Auch mit dem dauernden Herumdaddeln an Handy oder Computer wird so viel Zeit vergeudet, dass für ernsthafte Gespräche und Selbstreflexion kaum Zeit bleibt. Hinzu kommt, dass die Heranwachsenden nicht lernen, die Zähne zusammenzubeißen und etwas zu tun, auf das sie keinen Bock haben. Die Folgen sind eine gewisse Lebensuntüchtigkeit und die Unfähigkeit, ernsthafte Beziehungen zu führen.

Auffällig ist die Korrelation zwischen guten Schulnoten und gestiegenem Alkoholkonsum. Heute gibt es an einem einzigen Gymnasium mehr Einser-Abiturienten als früher im gesamten Bundesgebiet.

Nach dem Turbo-Abitur in Verbindung mit der Abschaffung des Wehrdienstes und des Zivildienstes fallen viele Jugendliche gesellschaftlich unreif vom Bildungsbaum. Verhätschelte Einzelkinder, Kinder aus „Hubschrauberfamilien“ und Wohlstandsverwahrloste drängen an die Universitäten und loten in den ersten Semestern die Grenzen der neuen Freiheit aus. Ihnen wurde die folgende Einsicht der frommen Helene nicht vermittelt:

 „Das Gute, dieser Satz steht fest,
ist stets das Böse, das man lässt.“

Beim Ausgleich von Defiziten in häuslicher und schulischer Erziehung wird der Nachwuchs weitgehend alleingelassen. Während Fitnessstudios wie Pilze aus dem Boden schossen, entdeckte bisher niemand die Marktlücke für Trockendocks, in denen junge Menschen beim akademischen Trinken in einer Art Tutoring auf den mäßigen Umgang mit Alkohol zurücktherapiert werden. Dabei sollten die Delinquenten auch lernen, wie man mit der Beseitigung von Schäden umgeht, die durch gelegentliche Ausraster angerichtet wurden.

 

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