Sibylla Schwarz als Barockdichterin entdecken: Mit ihrem Gedicht „Gesang wieder den Neidt“ schuf Sibylla Schwarz (1621-1638) wohl eines der ersten eindeutig feministisch geprägten Gedichte Deutschlands.
![Sibylla Schwarz als Barockdichterin entdecken](https://westfalium.de/wp-content/uploads/2025/02/070-deutsche-poetische-gedichte-c-herzog-august-bibliothek-wolfenbuttel-e1739272251377.jpg)
Porträt der Barockdichterin Sibylla Schwarz in ihrem Band „Deutsche Poëtische Gedichte“ -Foto Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel
In dem schlagfertigen Poem geht sie die (männlichen) „Neider“ ihrer Werke und ihrer eigenen Person an, schreibt sie doch überaus entschlossen, dass auch weibliche Dichterinnen nicht nur großartige Werke produzieren können, sondern den gleichen Stellenwert in der Welt der Dichtkunst haben. In der neuen Ausstellung „Women in Progress“, die bis zum 25. Mai 2025 auf Burg Vischering in Lüdinghausen zu sehen ist, erfahren Besuchende mehr über das vergessene „Wunderkind“ und dessen Lyrik.
Die Staatsbibliothek Berlin steuert dazu als Leihgabe ein Originalexemplar des Bandes „Deutsche Poëtische Gedichte“ bei, der zwölf Jahre nach dem frühen Tod der Autorin erschien. Sibylla Schwarz war Kind ihrer Zeit: In der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts versinkt Europa im Chaos des Dreißigjährigen Krieges (1618–48). Trotz der düsteren Aussichten fanden die Menschen Zeit für Gedichte und Poesie – so auch Sibylla Schwarz.
Als Tochter einer Patrizierfamilie wird ihr von klein auf Bildung ermöglicht, zunächst durch die eigene Familie und später durch Kontakte zur Bildungsschicht ihrer Heimatstadt Greifswald. Für ihre Zeit ist die junge Frau ungewöhnlich gut gebildet: Schwarz spricht Holländisch, beherrscht Latein in Schrift und Sprache und kennt sich gut in den Mythen der griechischen Antike aus.
Ihr erstes datierbares Gedicht „Fretowische Frölligkeit“ geht auf das Jahr 1633 zurück – im Alter von nur zwölf Jahren verfasst Schwarz also bereits eigene Werke. Durch ihren Hauslehrer Samuel Gerlach kommt sie mit der damals neuesten deutschen Literatur in Kontakt. Besonders die klassisch barocken Werke des Dichters Martin Opitz sprechen Schwarz an und prägen die Form ihrer Gedichte maßgeblich.
Thematisch verarbeitet die junge Frau den Krieg, der sie sogar persönlich beeinflusst. 1637 zerstören schwedische Soldaten das Landgut ihrer Familie, dem sie in einem Gedicht nachtrauert. Im Vordergrund ihrer Werke stehen allerdings gesellschaftliche Anlässe, Freundschaft und Liebe, wobei Schwarz dabei die gängigen Konventionen ihrer Zeit bricht: Den Lesenden wird es selbst überlassen, ob in ihren Liebesgedichten eine männliche oder weibliche Person angesprochen wird – ziemlich modern! Wahrscheinlich wird sie auch deshalb als die „pommersche Sappho“ bezeichnet. Im Jahr 1638 erkrankte sie plötzlich an der Ruhr und starb im Alter von nur 17 Jahren.
Speak Your Mind