Der Kiepenkerl bloggt: Lastenausgleich

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Deutscher Lastenausgleich 1948

Die Ausgangslage: Ziel des deutschen Lastenausgleichs nach dem Zweiten Weltkrieg war es, allen, die Vermögensschäden oder andere Nachteile erlitten hatten, eine finanzielle Entschädigung zu gewähren. Der Ausgleich erfolgte nach den Grundsätzen sozialer Gerechtigkeit.

Das Ergebnis: Die Umverteilung  wurde dadurch erreicht, dass diejenigen, denen erhebliches Vermögen verblieben war (insbesondere Immobilien), eine Lastenausgleichsabgabe zahlten. Die Höhe dieser Abgabe wurde nach dem Wert des Vermögens mit dem Stand vom 21. Juni 1948 berechnet. Die Abgabe betrug 50 Prozent des ermittelten Vermögens und konnte in bis zu 120 vierteljährlichen Raten gezahlt werden – also verteilt auf 30 Jahre. Der Lastenausgleich schuf in Westdeutschland gute Startbedingungen für alle und war ein wichtiger Baustein zum Wiederaufbau.

Bundestag, Ausschuss für Lastenausgleich

Sitzung “Ausschuß für Lastenausgleich” im Bundeshaus Bonn, 1961 – Foto: Bundesarchiv, B 145 Bild-F010476-0010 / CC-BY-SA [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons

Griechischer Lastenausgleich 2015

Die Ausgangslage: In der griechischen Demokratie hatten sich nach dem Zweiten Weltkrieg die Panhellenistische Sozialistische Bewegung (PA.SO.K.) und die Neue Demokratie (N.D.) als Regierungsparteien abgewechselt. In dieser Zeit verlor Griechenland seine internationale Wettbewerbsfähigkeit, denn die Lohnstückkosten stiegen vor allem nach der Euro-Einführung ganz enorm. Früher hatte man die griechische Drachme einfach abgewertet. Mit diesem bewährten Mittel stellte das Land immer wieder die internationale Wettbewerbsfähigkeit her. Doch mit dem Euro ging das nicht mehr. Trotzdem leisteten sich die Griechen einen Lebensstandard, der weit über ihrer Produktivität lag. Die niedrigeren Zinsen im Euroraum machten es möglich. Um bei den Lohnstückkosten das deutsche Niveau zu erreichen, müssten in Griechenland die Löhne um 25 Prozent gesenkt werden.

Gängige Praxis war es, dass sich die jeweiligen Regierungsmitglieder mit Geldern aus öffentlichen und Schmiergeld-Kassen die Taschen füllten und das illegal erworbene Vermögen unversteuert ins Ausland transferierten. Der größte Skandal und die nachhaltigste Belastung waren die Gefälligkeitseinstellungen im unproduktiven öffentlichen Sektor, die jede Regierung nach einer Regierungsbildung verdienten Parteimitgliedern spendierte, ohne dass sie einen volkswirtschaftlichen Nutzen stiften konnten. Zwar ist der riesige Beamtenapparat seit 2009 um 10,9 % auf rund 780.000 gesunken, doch immer noch arbeitet über ein Viertel der griechischen Beschäftigten im öffentlichen Sektor. Angesichts der hohen Arbeitslosenzahl dürfte der tatsächliche Anteil inzwischen deutlich höher liegen.

Um den Luxus der Superreichen nicht zu gefährden, leistete sich der Staat eine ineffektive Finanzverwaltung. Auch ein Liegenschaftskataster hätte die Idylle der 2.000 reichsten Großfamilien nur gestört.

Das Ziel: Die Vermögensverteilung in Griechenland ist durch das jahrzehntelange Versagen der griechischen Eliten mit der Situation in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg vergleichbar. Was in Deutschland Krieg und Bomben anrichteten, schafften die griechischen Regierungen ohne Waffen.

Eine Vermögensabgabe nach deutschem Vorbild könnte die griechischen Finanzprobleme auf einen Schlag lösen. Dafür müsste die Regierung von Alexis Tsipras lediglich die gesetzlichen Grundlagen schaffen. Die Bereitschaft der Europäer ist groß, beim Aufspüren der großen Auslandsvermögen zu helfen, sodass sie in die Berechnung der Lastenausgleichsabgabe einbezogen werden könnten.

Im Rahmen der volkswirtschaftlichen Neuausrichtung muss auch die in der griechischen Verfassung festgeschriebene Steuerbefreiung der Reeder abgeschafft werden. Für die vollständige steuerliche Freistellung der Einkünfte aus der Schifffahrt gibt es im internationalen Wettbewerb keine Rechtfertigung.

Spanien, Portugal und Irland haben bewiesen, dass eine tiefe Finanzkrise auch eine Chance sein kann. Die Griechen müssen sie nur beherzt ergreifen. Nach Durchführung des Lastenausgleichs wäre genügend Geld in der Kasse, um die Staatsschulden auf ein erträgliches Maß zu reduzieren und die griechische Wirtschaft dauerhaft zu beleben.

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