Der Kiepenkerl bloggt: Erbsünden

Print Friendly, PDF & Email

Der Prophet Hesekiel (18.1) verurteilte bereits im Alten Testament die Versündigung an den folgenden Generationen mit den Worten: „Die Väter haben saure Trauben gegessen [um den Durst in der Hitze des Tages zu löschen], aber den Kindern sind die Zähne davon stumpf geworden.“
Modern ausgedrückt bedeutet das:

685px-MK11475_Schuldenuhr_Wiesbaden_Adolfsallee_22

Foto: „MK11475 Schuldenuhr Wiesbaden Adolfsallee 22“ von Martin KraftEigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

Die nächste Generation bezahlt die Zeche.

Inzwischen verschuldet sich der Staat jedes Jahr auf’s Neue für unseren Wohlstand und lässt die nachfolgenden Generationen zahlen – obwohl die Steuereinnahmen kräftiger sprudeln als jemals zuvor. Umweltschützer ergänzen: Die Väter fahren dicke Geländewagen oder shoppen übers Wochenende in New York – und die Kinder erben den Klimawandel. Man muss kein Prophet sein, um ein Ende der Verschwendung zu fordern.

Angesichts der ungleichen Verteilung des Vermögens im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung hätte Hesekiel vermutlich gefordert:

Versündigt euch nicht an den Ärmsten der Gesellschaft!

Schon seit Jahren kann von einer sozialen Marktwirtschaft in Deutschland nicht mehr die Rede sein, denn der Niedriglohnsektor boomt wie in kaum einem anderen europäischen Land. Die folgende Grafik zeigt deutlich, dass die Entwicklung der Arbeitseinkommen im Vergleich zu den Unternehmens- und Vermögenseinkommen besonders negativ ausfällt.

Erbsünden

Einkommensentwicklung bis zum 3. Quartal 2013. Die Nettolöhne und -gehälter sind verbrauchspreisbereinigt. Die Unternehmens-Vermögenseinkommen sind BIP-Deflator bereinigt – Quelle: Destatis. Grafik

Seit dem Jahr 2000 legten die Unternehmens- und Vermögenseinkommen inflationsbereinigt um etwa 30 Prozent zu, während die Nettolöhne und -gehälter (Kaufkraft) der Arbeitnehmer sogar leicht zurückgingen. Das heißt, die Arbeitnehmer sind von der Wohlstandsentwicklung abgekoppelt und profitierten nicht vom Produktivitätsfortschritt.

Im internationalen Vergleich verzeichnete Deutschland im selben Zeitraum die schwächsten Lohnzuwächse in Westeuropa – abgesehen von Griechenland. Das hat zu Ungleichgewichten in der Europäischen Union und zu Nachteilen für unsere Nachbarländer geführt, während in Deutschland Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung zunahmen.

Verantwortlich für die für deutsche Arbeitnehmer unsoziale Entwicklung sind auch die Rechentricks der rot-grünen Koalition unter Bundeskanzler Gerhard Schröder. Sie verzerren die statistische Aussagekraft der verbraucherpreisbereinigten Einkommen. Die amtlich ermittelte Inflationsrate ist jedoch ein wichtiger Indikator für die Einkommensentwicklung und die Lebenshaltungskosten der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen.

Bis Ende 2002 gab es neben dem Preisindex für Beamte und Angestellte mit höherem Einkommen einen Index für Arbeiter und Angestellte mit mittlerem Einkommen sowie den Preisindex für Rentner und Bürger mit geringem Einkommen. Warum ausgerechnet die Sozialdemokraten die aussagefähigen Preisindizes abschafften, bleibt ein Rätsel.

Der Preisindex für die höheren Einkommensgruppen stieg von 1995 bis Ende 2002 nur um 9,7 Prozentpunkte, während Geringverdiener im selben Zeitraum einen Kaufkraftverlust von 11,2 Prozentpunkten hinnehmen mussten. Ursächlich war die überproportionale Verteuerung der Lebensmittelpreise. Die trifft Geringverdiener sehr viel stärker, als Bezieher höherer Einkommen. An den unterschiedlichen Preisverläufen wird deutlich wie Statistik zu politischen Zwecken benutzt oder – anders ausgedrückt – missbraucht werden kann.

Ab 2003 wurde die Aufgliederung zugunsten eines einheitlichen, niedrigeren Verbraucherpreisindexes abgeschafft, obwohl sich die Indizes unterschiedlich entwickelten. Der vereinheitlichte Index liegt deutlich unter dem von vielen Menschen zu Recht als höher empfundenen tatsächlichen Preisanstieg. Für Geringverdiener ist das fatal, denn ihre Einkommensentwicklung hängt entscheidend von der Inflationsrate ab. Die Schönfärberei der Inflationsrate ist neben der unkontrollierten Öffnung des Niedriglohnsektors eine Erbsünde der Sozialdemokraten.

 

 

Speak Your Mind

*