Westfalen – Am 12. April wurde in Gronau-Epe Umweltalarm ausgelöst, nachdem ein Pächter auf seiner Weide im Amtsvenn Erdöl entdeckte. Weitere Ölaustritte wurden am 15. April in einem Waldstück und Vogelschutzgebiet sowie auf dem angrenzenden Hof der Familie Sundermann bemerkt. Westfalium hat sich gut vier Monate nach dem Ölfund vor Ort ein Bild von den Arbeiten zur Beseitigung des Schadens und zur Ursachenfindung gemacht.
[slideshow id=9 w=580 h=386 align=center]Dort, wo einst Wald und Weide waren, ist nur noch nackte Erde übrig. Mittlerweile konnte zumindest der gesamte durch Erdöl verunreinigte Boden abgetragen werden
Fotos: Jennifer Bahn
Hintergrund: Auf dem Gebiet der nordrhein-westfälischen Städte Ahaus und Gronau liegt das Salzbergwerk Epe. Hier fördert die Salzgewinnungsgesellschaft Westfalen mbH (SGW) seit 1971 per 1.000 bis 1.500 Meter tiefen Bohrungen durch Solung Salz. Die dabei entstehenden Hohlräume werden seit 1974 als unterirdische Speicher für Erdgas und Erdöl genutzt. Insgesamt werden im Kavernenfeld Epe rund 4,8 Milliarden Normkubikmeter Erdgas in 74 Kavernen und 1,4 Millionen Kubikmeter Erdöl in drei Kavernen gespeichert. Nach dem Ölfund hat man schnell eine Sabotage durch Dritte ausschließen können und es war klar, dass das Öl aus dem Kavernen-System stammen musste – nur woher genau? Und wie konnte es dort austreten?
Mit Auslösen des Umweltalarms wurden sofort umfangreiche Maßnahmen zur Gefahrenabwehr und Ursachenfindung eingeleitet. Der ölverunreinigte Boden wurde abgebaggert und das an drei Stellen auftretende Erdöl abgesaugt. In dem verunreinigten Waldstück hat man dafür Wald roden und einen Teich leer pumpen müssen. Bohrungen, Sondierungen, Gewässer- und Grundwasserprobenahmen sowie Analysen der Proben wurden vorgenommen. Eine 1,5 Kilometer lange Dichtwand wurde im Abstrom des Grundwassers nördlich der Sanierungsfläche eingerichtet. Bis heute wurden insgesamt 20.388 Tonnen verunreinigter Boden ausgebaggert. Der Ölanteil darin beträgt laut Entsorgungsgesellschaft rund 14 Kubikmeter. 7.298 Kubikmeter Wasser-Öl-Gemisch wurden abgesaugt, der Ölanteil darin betrug 23 Kubikmeter.
Der Berliner Journalist Martin Gritzbach, von der SGW mit der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beauftragt, führt uns über das Gebiet, das nach wie vor für die Öffentlichkeit abgesperrt und nur unter Genehmigung mit Arbeitsschutzkleidung zu betreten ist. Gritzbach betonte, dass durch den Ölaustritt und nach den getroffenen Gefahrenabwehrmaßnahmen zu keiner Zeit eine Gefahr für den Menschen bestanden habe. Im betroffenen Gebiet erfolgt keine Grundwasserentnahme. Die anschließenden Tests ergaben dementsprechend, dass alle Hausbrunnen rein waren. Lediglich die Familie Sundermann musste vorübergehend ihren Hof verlassen und in ein Hotel umziehen, mittlerweile lebt aber auch sie wieder auf ihrem Hof. Der Schaden für die Tierwelt wurde so gering wie möglich gehalten. Da die Brutstellen im Vogelschutzgebiet weiter nördlich gelegen sind, wurden die Vögel nicht betroffen. Die Molche des sich im Waldstück befindenden Teiches konnten rechtzeitig gefischt und in einem unbelasteten Teich ausgesetzt werden. Zehn Rinder des Weidenpächters, die vom Wasser-Öl-Gemisch getrunken hatten, mussten jedoch gekeult werden. Über die generelle Auswirkung des Ölaustritts auf Flora und Fauna im Sanierungsgebiet lassen sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Aussagen treffen.
Bei der Ursachensuche wurden zwar alle Ölkavernen miteinbezogen, allerdings richtete sich bald die Aufmerksamkeit auf die Kaverne S5, die wenige hundert Meter von den Ölfundstellen entfernt ist. Dort hatte es bereits im Februar diesen Jahres einen Druckabfall gegeben, infolgedessen die Kaverne außer Betrieb genommen und intensiv messtechnisch untersucht wurde. Dabei wurden keine Undichtigkeiten in der Kaverne oder der Verrohrung zur Oberfläche festgestellt. Bis zur Vollständigen Klärung der Ursache für den Druckabfall wurde die Kaverne nur mit einem geringeren Druck in Betrieb genommen.
Um die Ursache des Ölaustritts im April zu ermitteln, wurden zunächst die circa ein Meter tief im Bode verlegten Ölleitungen im Kavernenumfeld geprüft. Da diese Prüfungen keine Hinweise auf ein mögliches Leck ergaben, konzentrierten sich die Ermittlungen zur Schadensursache darauf, den Weg des Öls nachzuvollziehen und so die Ursache beziehungsweise die Quelle des Ölaustritts zu finden. Hierzu fanden verschiedene Sondierungen und Bohrungen statt, die in unterschiedliche Tiefen von bis zu 290 Metern reichten. Parallel dazu erfolgte die Dichtheitsdruckprüfung an der Kaverne S5.
Im Juli war es dann soweit, der Ursprung des ausgetretenen Öls wurde festgestellt: ein Leck in der Rohrleitung zur Kaverne S5. Die Position des Lecks liegt in einer Tiefe von 217 m, wie sowohl durch eine Kamerabefahrung der Rohrleitung als auch durch eine Reihe von Drucktests zeigte. Die Ursache des Lecks ist jedoch weiterhin unklar.
Die aktuelle Lage: Die abschließenden Untersuchungen des zementierten Rohrschuhs (Verbindung des unteren Endes der Rohrleitung zum Gebirge) stehen noch aus, die erforderlichen Komponenten für das Gerät zur Untersuchung des Rohrschuhs in Einzelanfertigung hergestellt werden müssen. Die Durchführung der Untersuchung ist für den Herbst geplant. Positiv ist allerdings, dass im Dränagewasser an der Dichtwand keine Ölbelastungen mehr festgestellt werden.
Die nun unbelasteten Aushubgräben auf der Weide konnten mit sauberem Boden neu aufgefüllt werden. Am Waldteich an der zweiten Fundstelle sind die Schlammbergungen abgeschlossen und unbelastete Grabenabschnitte wurden neu aufgefüllt. Und auch an der dritten Ölfundstelle ist die Aufnahme und Entsorgung der flächenhaften Bodenbelastung abgeschlossen. Zusätzlich wurde dort zum Auffangen etwaiger Ölreste ein Schacht im Hauptsammler der aufgegrabenen Dränage errichtet.
Bis die vollständige Ursache für den Ölaustritt gefunden, behoben und das belastete Gebiet saniert sowie renaturiert ist, wird es wohl noch Jahre dauern. Bis dahin ist mit einem entstandenen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe zu rechnen.
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