Der Kiepenkerl bloggt: Europäische Regelungswut

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Die Brüsseler Regelungswut und die ausufernde finanzielle Stützung überschuldeter Euro-Mitgliedsländer stoßen in der Bevölkerung zunehmend auf Widerstand. Kein Wunder, dass sich euroskeptische Parteien wachsender Beliebtheit erfreuen. In der Berliner Regierung wären charismatische Minister mit dem Format von Wirtschaftsprofessor Dr. Ludwig Erhard vonnöten, um der Bevormundung aus Brüssel und dem Unmut der Wähler wirkungsvoll begegnen zu können.

Europäische Regelungswut_© Garitzko:Wikimedia Commons

Foto: Garitzko/Wikimedia Commons

Vielleicht ist der Bericht über ein historisches Treffen zwischen Erhard und dem amerikanischen Militärgouverneur General Lucius D. Clay in der Woche nach der Währungsreform im Jahr 1948 nur eine Legende, doch sie zeugt vom festen Glauben des Wirtschaftsprofessors an die Kräfte der Marktwirtschaft.

Clay soll damals empört gesagt haben: „Herr Erhard, ich höre, Sie haben meine Vorschriften geändert?“ Darauf Ludwig Erhard: „Da sind Sie falsch informiert, Herr General, ich habe sie nicht geändert, ich habe sie aufgehoben.“ Clay entgegnete: „Meine Berater sagen mir, das sei ein Fehler.“ Erhard soll erwidert haben: „Hören Sie nicht darauf, meine Berater sagen mir dasselbe.“ Weil der Soldat Lucius D. Clay den gradlinigen Franken Erhard schätzte, ließ er ihn gewähren.

Durch Politiker mit Weitblick, vom Schlage Ludwig Erhards, würde die Zahl der Protestwähler in Grenzen gehalten. Doch in den Reihen der etablierten Parteien fehlt es an Machern, die klare Kante zeigen und im Parteiengeschacher nicht untergehen.

Die für die Bürger häufig nicht nachvollziehbaren Vorgaben aus Brüssel haben das Vertrauen in die etablierten Parteien zerstört. Dabei wird allerdings übersehen, dass die Anstöße für die zum Teil aberwitzigen Regelungen von Wirtschaftslobbyisten aus verschiedenen Ländern auf den Weg gebracht wurden, oder den Interessen lautstarker Bürgergruppen entsprechen.

Im Europaparlament sitzen 754 Mitglieder aus 28 Ländern. Nach Schätzungen von LobbyControl sind auf die Parlamentarier etwa 20.000 Lobbyisten angesetzt. Sie überhäufen die Abgeordneten mit Änderungsvorschlägen im Sinne ihrer Auftraggeber. Wegen der erfolgreichen Untergrundarbeit der Interessenvertreter läuft die Demokratie Gefahr, sich abzuschaffen.

Durch die steigende Zahl von Splitterparteien wird die Parlamentsarbeit deutlich erschwert, denn wer lediglich eine Saite auf der Fidel hat, gilt als bevorzugte Zielperson für die Spezialinteressen von Lobbyisten. Einzelkämpfer sind völlig überfordert angesichts der unüberschaubaren Zahl von Gesetzen und Verordnungen, die viele Bereiche des privaten und geschäftlichen Lebens reglementieren. Der fehlende Durchblick der Zielpersonen schafft ideale Voraussetzungen für Lobbyisten, um den Interessen ihrer Auftraggeber Gehör zu verschaffen.

In Brüssel bedarf es eines Orchesters mit vielen Spezialbegabungen, um die Instrumente der Gesetzgebung zu einem guten Klangbild zu formen. Aus dieser Sicht war die bisherige Sperrklausel von drei Prozent wichtig für die Parlamentsarbeit. Doch nachdem das Bundesverfassungsgericht die Sperrklausel für nichtig erklärt hat, sind zunehmend schräge Töne von Solisten zu erwarten.

 

 

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