Münster – Nicht wenige Regisseure haben direkt mit ihrem ersten Film bleibenden Eindruck hinterlassen, bisweilen Filmgeschichte geschrieben. Orson Welles etwa mit seinem zeitlosen Meisterwerk „Citizen Kane“ oder auch François Truffaut mit dem Beginn seiner Antoine-Doinel-Reihe „Sie küssten und sie schlugen ihn“.
Im Europäischen Spielfilmwettbewerb des Filmfestival Münster #17, das vom 4. bis 8. Oktober im Schloßtheater stattfindet, werden wieder acht Regisseure versuchen, mit ihren Erstlingswerken die Filmwelt aus den Angeln zu heben. Zur Einstimmung erinnert der filmclub münster ab dem 28. August an fünf große europäische Regisseure, die mit ihren Debütfilmen für Aufsehen sorgten.
Der Auftakt am 28.8. und 30.8. macht Jean-Luc Godards längst zum Klassiker gewordener Erstlingsfilm „Außer Atem“, eine Huldigung an Humphrey Bogart und die „B-Movies“ Hollywoods: Der Film wimmelt von inszenatorischen Regelverstößen, die man seinerzeit der Unerfahrenheit des Anfängers zuschrieb und erst später als raffinierte Absicht erkannte, zum einen den Kunstcharakter des Films hervorzuheben und zugleich das amerikanische Ideal des „unsichtbaren“ Schnitts zu hinterfragen. In den Hauptrollen bezaubern das hinreißende Paar Jean-Paul Belmondo und Jean Seberg.
„Das Fest“, der Debütfilm des jungen Dänen Thomas Vinterberg, war zugleich der erste Beitrag der „Dogma 95“-Bewegung, deren ungewöhnliche Stilmittel – Handkamera, weder Soundtrack noch künstliches Licht – viel zu dessen brachialer Wirkung beitragen. Die formale Strenge des schockierenden Dramas über Kindesmissbrauch und eine Familie im freien Fall beeinflusste den europäischen Film nachhaltig. „Das Fest“ ist am 4.9. und 6.9. im Original mit Untertiteln zu sehen.
Nicht weniger erschütternd geriet das Regiedebüt des britischen Künstlers Steve McQueen, der zuletzt mit dem Regie-Oscar für „12 Years a Slave“ ausgezeichnet wurde. In „Hunger“ (11.9. und 13.9.) mit Michael Fassbender in der Hauptrolle schildert er das Schicksal einer Gruppe IRA-Kämpfer in britischer Folterhaft. Ohne sich politisch auf die eine Seite zu schlagen oder die andere zu dämonisieren, weckt der schonungslos inszenierte und hervorragend gespielte Film ein Höchstmaß an Anteilnahme.
In Kooperation mit den Russischen Filmtagen Münster zeigt der filmclub münster am 18.9. und 20.9. das Erstlingswerk des „Leviathan“-Regisseurs Andrej Swjaginzew. „Die Rückkehr“ gilt dank präzise gezeichneter Charaktere, atemberaubender Bilder und einer ausgefeilten Tonebene als einer der erstaunlichsten Debütfilme der letzten Jahre. Bei den Filmfestspielen in Venedig 2003 erhielt er auf Anhieb den Goldenen Löwen.
Mit „Control“ (25.9. und 27.9.) feierte einer der bekanntesten Fotografen sein Spielfilmdebüt. Das kurze, intensive Leben des Joy-Division-Sängers Ian Curtis steht im Mittelpunkt der ersten Filmarbeit des Niederländers Anton Corbijn, der für das tragische Verglühen des Sängers expressive Schwarzweiß-Bilder findet.
Alle Filme laufen im Schloßtheater Münster. Kartenreservierung unter Tel. 0251-22579.
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