Hamm – Der März führt den Klangkosmos nach sieben Jahren „Abstinenz“ erneut in den hohen Norden – am 15. März (18 Uhr, Lutherkirche) geht es nach Finnland.
Nur ein wenig kleiner als Deutschland, aber dafür ganz dünn besiedelt: Suomi ist ein stilles Land, eher flach, aber mit zahlreichen Seen gesegnet (über 180.000) – was den Beinamen „Land der tausend Seen“ eindrucksvoll illustriert. Der Staat ist noch jung, erst 1917 wurde die Unabhängigkeit erklärt. Aber die Musik hat weitaus ältere Schätze zu bieten.
Väinämöinen ist in der finnischen Mythologie ein alter Zaubersänger, der der Sage nach die allererste Kantele baute – aus dem Kiefer eines gigantischen Hechts, aus dessen Zähnen er die Wirbel schuf, die Saiten waren hingegen aus Rosshaar. Die zweite Kantele soll er dann bereits aus einer Birke gefertigt haben. Heute gilt das Zupfinstrument, eine kastenförmige Zither, als Nationalinstrument Finnlands. Das „Kalevala“, ein Epos über finnische Heldensagen und Mythen, mit Väinämöinen als wichtigstem Protagonisten, hat viel zur Popularität der Kantele beigetragen. In ihrer einfachsten Version hat sie fünf, mittlerweile gibt es aber auch Modelle mit 15 und mehr Saiten.
Ein weiteres traditionelles Instrument ist die Jouhikko, eine Leier. Sie hat meist zwei oder drei Saiten und wird mit einem Bogen gestrichen. Auf den äußeren Seiten werden die Melodietöne gespielt, die inneren Saiten bilden dazu einen mittelalterlich anmutenden Bordunklang. Nachdem sie im frühen 20. Jh. fast ausgestorben war, wird ihr mittlerweile durch einige Musiker wieder neues Leben eingehaucht.
Timo Väänänen und Rauno Nieminen, zwei Finnen, die die traditionellen Musikkulturen und typischen Instrumente ihrer Heimat kennen wie ihre eigene Westentasche, haben sich zum Duo „Ontrei““ zusammengeschlossen. Der Name ist nicht zufällig gewählt: Ontrei Malinen war einer der größten Kalevala-Sänger, der seine eigenen Kantelen baute und spielte.
Väänänen und Nieminen laden das Publikum zu einer Zeitreise ein – in die Vergangenheit zu den urtümlichen Klängen der nordischen Hemisphäre, aber auch in die Zukunft zu ungeahnten musikalischen Dimensionen, die auf noch unbekannte Pfade führen.
Timo Väänänen hielt bereits als Achtjähriger seine erste Kantele in den Händen, mit 18 begann er sein Studium an der Sibelius-Akademie, wo er heute selbst unterrichtet (Departement Volksmusik). Begegnungen mit und Unterricht von den verschiedensten Lehrern eröffneten ihm Einblicke in die vielfältigen Techniken und musikalischen Dimensionen des Instruments. Seine Neugier und einen offenen Blick hat er behalten, baute u. a. eine einzigartige elektronische Kantele, mit der er spezielle Soundeffekte entwickelte. Und er integriert verschiedenste Elemente aus Theater, Tanz, Fotografie, Grafik oder Maskenkunst in seine Musik. Außerdem leitet er seit 2010 das „Kantelen Kieln Projekt“, das sich näher mit der Kantele und ihren musikalischen „Verwandten“ in anderen Ländern (u. a. Russland, Polen, Ukraine, Litauen) auseinandersetzt.
Seinen Duopartner Rauno Nieminen lernte er an der Sibelius-Akademie kennen. Nieminen zählt zu den wichtigsten Instrumentenbauern Finnlands und hat seine ganz eigene Methode entwickelt, Kopien von Museums-Instrumenten zu bauen. Er gilt als Meister der Jouhikko und ist einer derjenigen Musiker, die diesem Instrument wieder neues Leben eingehaucht haben.
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