Wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft ist ernst

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Westfalen – Die landwirtschaftlichen Betriebe in Westfalen-Lippe erleben aktuell schwere Zeiten. Nach einem Wirtschaftsjahr, das für die meisten Betriebszweige massive Einkommensrückgänge brachte, erwarten Experten bis weit in das Jahr 2016 hinein keine durchgreifende Verbesserung der schlechten Erlössituation. Verantwortlich hierfür sind nach Einschätzung des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV) ein weltweit weiter steigendes Angebot bei Milch, Fleisch und Getreide und die zugleich anhaltend schwache Nachfrage. Angesichts der deprimierenden Lage auf vielen Teilmärkten verbieten sich kostenträchtige überzogene Verschärfungen im Umwelt-, Bau-, Tier- und Naturschutzrecht. Dieses Fazit zog WLV-Vizepräsident Wilhelm Brüggemeier während des traditionellen Havichhorster Presseabends des Verbandes auf Gut Havichhorst bei Münster.

WLV-Vizepräsident Wilhelm Brüggemeier zog während des traditionellen Havichhorster Presseabends des Verbandes auf Gut Havichhorst bei Münster ein düsteres Fazit - Foto: Münster/Presseamt

WLV-Vizepräsident Wilhelm Brüggemeier zog während des traditionellen Havichhorster Presseabends des Verbandes auf Gut Havichhorst bei Münster ein düsteres Fazit – Foto: Münster/Presseamt

„Die Stimmung auf den landwirtschaftlichen Betrieben ist trotz einer mengenmäßig und qualitativ guten Ernte mehr als gedämpft, denn die schlechte Erlössituation überlagert alles. Angesichts dieser Situation ist es höchste Zeit, dass die Bundesregierung aktiv wird und den Handelskonflikt mit Russland endlich aus der Welt schafft“, so Brüggemeier.

Nach vorläufigen Zahlen der landwirtschaftlichen Buchstellen verringerte sich der durchschnittliche Gewinn der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Westfalen-Lippe im Wirtschaftsjahr 2014/15 (01.07.2014 – 30.06.2015) um rund 38 Prozent auf ca. 42.000 Euro. Alle Produktionsrichtungen mussten Rückgänge verkraften, einige traf es jedoch besonders hart. Während die Ackerbauern einen Rückgang von über 20 Prozent und die Schweinehalter von ca. 35 Prozent verkraften mussten, haben sich die Einkommen der Milchviehhalter im abgelaufenen Wirtschaftsjahr glatt halbiert. Neben Sauenhaltern sind sie die Hauptleidtragenden der aktuellen Krise. Eine erfreuliche Einkommensentwicklung verzeichneten allein die ökologisch wirtschaftenden Betriebe mit einem Zuwachs von 11 Prozent auf durchschnittlich 74.000 Euro. Aufgrund der schlechten Markterlöse erhöhte sich der Anteil der öffentlichen Transfers am Unternehmensergebnis bei allen Betriebsformen durchschnittlich von 37 auf 61 Prozent.

Die größte Herausforderung für die Branche sieht der WLV aktuell darin, angesichts einer schlechten Erlössituation und des unverändert hohen Kostendrucks vom Weltmarkt kostenträchtigen gesellschaftlichen Forderungen zum Umbau der Nutztierhaltung nachzukommen, sofern diese wissenschaftlich begründet sind und die landwirtschaftlichen Betriebe nicht ökonomisch überfordern. Angesichts der komplexen Herausforderung setzt der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband für 2016 auf eine Intensivierung des Dialogs mit den eigenen Mitgliedern wie auch mit gesellschaftlichen Gruppen und Kritikern, nicht zuletzt den Kirchen.

Eine wesentlichen Baustein zur wirtschaftlich verträglichen Integration gesellschaftlicher Anliegen in die heimische Nutztierhaltung sieht der Verband im Ausbau der „Initiative Tierwohl“, die Anfang 2015 von als branchenübergreifendes Bündnis von Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel ins Leben gerufen wurde. Die Initiative beteiligt die Verbraucher an den Kosten höherer Tierwohlstandards über einen Tierwohl-Bonus von zurzeit vier Cent pro Kilogramm Schweinefleisch.

Dazu WLV-Vizepräsident Brüggemeier: „Als Bauern sind wir bereit, den sich ändernden gesellschaftlichen Erwartungen nach Möglichkeit gerecht zu werden. Wir erwarten jedoch auch, dass sich Teile des deutschen Lebensmitteleinzelhandels noch stärker engagieren, damit dieses Pilotprojekt zu dem großen Erfolg wird, den es verdient. An zwei Cent mehr pro Kilogramm Schweinefleisch darf die Initiative nicht scheitern.“

Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband warnt die politisch Verantwortlichen in Bund und Land davor, mit immer neuen Ansprüchen Nutztierhalter und Grundeigentümer wirtschaftlich zu überfordern. Diese Gefahr sieht der Verband vor allem bei der Novelle der Düngeverordnung und dem von der NRW-Landesregierung propagierten Umbau des Landschaftsgesetzes zu einem Landesnaturschutzgesetz sowie der Novelle des Landeswassergesetzes. „Die aktuelle Krise verlangt nach einer Politik mit Augenmaß. Dies ist nicht die Zeit, mit teuren Extrawünschen eine Branche zu schwächen, an der in Westfalen-Lippe
viele Tausend Arbeitsplätze hängen“, so WLV-Vizepräsident Brüggemeier.

WLV – Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband e. V. / Schorlemerstraße 15 / 48143 Münster
Telefon 0251 – 4175-01
www.wlv.de

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