NRW verliert erneut Vorzeige-Forschungsvorhaben

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Westfalen – Ein Rechenfehler und die Untätigkeit des NRW Wissenschaftsministeriums richten weiteren Schaden an: Aufgrund einer „falschen Bemessung“ hat das Ministerium dem Wald-Zentrum in Münster bereits rechtskräftig bewilligte Mittel in sechsstelliger Höhe entzogen. Die ersatzlosen Streichung der Fördergelder hat zur Folge, dass das Wald-Zentrum jetzt sein neuestes Forschungsvorhaben absagen muss. Damit verlieren das Land NRW sowie der Wissenschaftsstandort Münster erneut ein bedeutungsvolles Forschungsprojekt. In internen Dokumenten des Wissenschaftsministeriums ist indes von einer „Zerlegung“ des Wald-Zentrums die Rede.

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Prof. Dr. Andreas Schulte leitet das Wald-Zentrum – Foto: Wald-Zentrum

Der Schaden für Nordrhein-Westfalen wächst: Weil das Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung NRW seine Zahlungen für zwei EU-Projekte ersatzlos eingestellt hat, fehlen dem Wald-Zentrum jetzt die Eigenmittel für ein weiteres, bedeutungsvolles Forschungsvorhaben, bei dem Weihnachtsbaumkulturen auf ihre Umweltverträglichkeit untersucht werden sollten.

Die Fördergelder für das Projekt „Weihnachtsbaumkulturen: Holistische Status quo Analyse und Handlungsempfehlungen zum nachhaltigen Anbau“, die von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in Höhe von rund 500.000 Euro bereits bewilligt wurden, musste der Leiter des Wald-Zentrums, Prof. Dr. Andreas Schulte, jetzt zurückweisen. „Wir bedauern diese Entscheidung sehr, zumal das Vorhaben – wie die aktuellen Schlagzeilen zu Glyphosat zeigen – von großer Bedeutung für den Standort NRW hätte sein können“, so Schulte.

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Bei der Auftaktveranstaltung des RERAM-Projektes kamen internationale Wissenschaftler zusammen. Staatssekretär des NRW Wissenschaftsministeriums Helmut Dockter (Mitte links) gratuliert Prof. Dr. Andreas Schulte (Mitte rechts) zur Gewinnung der Ausschreibung. Einige Wochen später wurden die Fördergelder seitens des Ministeriums nicht mehr gezahlt – Foto: Wald-Zentrum

In einem Brandbrief vom 17. Juni 2015 hat sich der Rechtsanwalt des Wald-Zentrums, Gerald Windus, persönlich an Ministerin Svenja Schulze gerichtet und davor gewarnt, dass das Forschungsprojekt bei weiterer Untätigkeit des NRW Wissenschaftsministeriums zurückgewiesen werden muss. Aus dem Schreiben geht deutlich hervor, dass das Wald-Zentrum auf eine Reaktion des Ministeriums gewartet hat. Frau Schulze hat bis heute nicht geantwortet.

Indes berichtet die Welt am Sonntag (WAMS), dass in internen Vermerken des NRW Wissenschaftsministerium von einer „Zerlegung des Wald-Zentrums“, die voran getrieben werden soll, die Rede ist. Das Zitat stamme laut WAMS aus der Feder eines Ministerialbeamten und ist mittlerweile von Schulzes Sprecher Hermann Lamberty bestätigt worden. Des Weiteren sollen Beamte des Ministeriums in Vermerken darauf hingewiesen haben, dass Beamte „Feindbilder“ aufgebaut haben und eine „sehr emotionale“ Auseinandersetzung führen.

Für das Forschungsvorhaben zur nachhaltigen Weihnachtsbaumproduktion in NRW hätte das Wald-Zentrum einen Eigenanteil von rund 100.000 Euro aufbringen müssen. „Unter den aktuellen Rahmenbedingungen könnte uns das Projekt im Bestand gefährden“, erklärt Schulte. Doch nicht nur das: Die bereits einjährigen Vorbereitungsarbeiten des Wald-Zentrums für das Forschungsvorhaben sind durch die damit verbundene Absage wertlos. Zudem ist das Vorhaben mit dem Entschluss von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt ersatzlos gecancelt.
Die entgangenen Forschungsgelder und den Imageschaden des Wissenschaftsstandorts Münster möchte das Wald-Zentrum jedoch nicht so leicht hinnehmen: Mindestens die entgangenen 500.000 Euro für die Forschung an Weihnachtsbäumen will Schulte dem Land NRW im Rahmen der laufenden Klage vor dem Verwaltungsgericht Münster in Rechnung stellen.

Das NRW Wissenschaftsministerium befindet sich aufgrund der entzogenen Fördergelder unter Beschuss: Internationale Forschungspartner, u.a. aus Ukraine, Polen, Belgien, Österreich und der Niederlande, haben sich mit Beschwerdebriefen an die Ministerpräsidentin gewendet.

Trotz bereits rechtskräftig bewilligter Fördergelder des Wissenschaftsministeriums NRW für die EU-Forschungsprojekte RERAM und SIMWOOD, zahlt dieses keine Gelder mehr an das Wald-Zentrum aus. Mittlerweile belaufen sich die Schulden des Wissenschaftsministeriums an das Münsteraner Institut bereits auf rund 200.000 Euro. Das Wald-Zentrum hat mittlerweile Klagen beim Verwaltungsgericht Münster eingereicht.

Weitere Informationen unter 
www.wald-institut.de

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