Künstliche Intelligenz oder digitale Demenz

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Westfalen – Können Computer denken? Haben Maschinen einen Verstand, vielleicht sogar Gefühle? Waspassiert, wenn Algorithmen an unserer Stelle Entscheidungen treffen? Die Ausstellung “(Artificial Intelligence) Digitale Demenz” vom 14. November 2015 bis  06. März 2016 im Dortmunder U zu sehen erkundet die Beziehung zwischen zeitgenössischer Kunst und künstlicher Intelligenz.

Jedes Zeitalter lebt mit seinen eigenen (naiven) Hoffnungen und (unbewältigten) Ängsten. Wir sind von ökologischen, politischen, ökonomischen und wissenschaftlichen Entwicklungen umgeben – und dem Unheil, das damit einhergehen kann –, und wir wissen nie, wann oder wo sich die nächste Katastrophe ereignen wird.

Computer bestimmen unser Leben: Eine Ausstellung im Dortmund U geht den Phänomenen auf den Grund

Computer bestimmen unser Leben: Eine Ausstellung im Dortmund U geht den Phänomenen auf den Grund

Seitdem kürzlich ein Blockbuster über den Mathematiker Alan Turing (The Imitation Game – Ein streng geheimes Leben, 2014) und ein poetischer Film von Spike Jonze (Her, 2013) in die Kinos kamen, spricht man wieder über künstliche Intelligenz. Turing zählte zu den ersten Wissenschaftlern, welche das Konzept des Computers entwickelten, und nach ihm ist auch ein Test für künstliche Intelligenz benannt. Zugleich haben wir uns daran gewöhnt, mit unseren Smartphones zu sprechen, und wir erwarten, dass sie antworten. Im Film Her verliebt sich beispielsweise Joaquin Phoenix in die Stimme seines Computers.

Bereits 1996 haben wir den von IBM entwickelten Schachcomputer Deep Blue, der Garri Kasparow besiegte, als einen geschichtlichen Wendepunkt gesehen. Die Menschheit unterlag einer Maschine und begann zu fragen: „Wann werden Computer die Macht übernehmen?“ Und vor kurzem stellte Stephen Hawking in einem Interview fest, dass „die völlige Ausbildung der künstlichen Intelligenz das Ende des Menschengeschlechts bedeuten könnte“. Wie immer im Fall von technologischen Entwicklungen sind wir von ihrem Potenzial fasziniert und fürchten es zugleich. Denken Sie nur an HAL 9000, den Computer in 2001: Odyssee im Weltraum (1968): Er entschließt sich, die Besatzung des von ihm gesteuerten Raumschiffes zu töten. Science Fiction zeigt uns, dass Computer sich – wenn sie denn denken können –, auch unerwartet gegen uns wenden können.

Die Ausstellung (Artificial Intelligence) Digitale Demenz erkundet die Beziehung zwischen zeitgenössischer Kunst und künstlicher Intelligenz. Die Geschichte des Computers und der Wissenschaftler, die ihn möglich machten, wird anhand von Suzanne Treisters umfangreichen Untersuchungen zu Personen wie Alan Turing vorgestellt, wobei es die eine oder andere Überraschung gibt. Eine semiologische Interpretation der technischen Revolution findet sich in den Arbeiten von Erik Bünger, während Julien Prévieux mit sehr reduzierten Mitteln die erste Schach-Niederlage der Menschheit gegen einen Computer darstellt. Doch verfügen heutzutage Maschinen auch über einen eigenen Willen, so wie der „Roboter“, der von dem Künstlerkollektiv !Mediengruppe Bitnik geschaffen wurde und nach dem Zufallsprinzip illegale Waren im Darknet (den versteckten und privaten Netzen des Internet) kauft. Eine besondere, von Brendan Howell für die Ausstellung entwickelte Website dient als Katalog und Ausstellungsdokumentation, aber auch als Materialquelle über künstliche Intelligenz mit Links, Archiven und (generativen) Verrücktheiten. Die poetische Dimension der Kommunikation mit einem Computer ist schließlich in der ungewöhnlichen Chat-Software zu erkennen, die Chris Marker bereits 1985 entwickelte: Diese versetzt die Besucher in die Lage, sich mit einer Maschine zu unterhalten.

Mit Computern zu kommunizieren, sie eine Wahl treffen zu lassen und zu akzeptieren, dass sie einen Verstand, Ideen, Gedanken und vielleicht sogar eigene Gefühle haben – all das verbindet sich schließlich in der Ausstellung zu einer einfachen Frage: Wo endet die Wissenschaft und wo beginnt die Fiktion?

(Artificial Intelligence) Digitale Demenz: 14. November 2015 – 06. März 2016
Di-So 11-18 Uhr, Do+Fr bis 20 Uhr, Mo geschlossen
Eintritt 5 Euro / 2,50 Euro ermäßigt

Der HMKV (Hartware MedienKunstVerein) hat eine einmalige Position in Deutschland: Als Ausstellungshalle, Forschungslabor, Aktionsplattform hat sich der HMKV der Produktion, Präsentation und Vermittlung von zeitgenössischer bzw. experimenteller (Medien-)Kunst verschrieben. Medienkunst wird dabei als zeitgenössische Kunst verstanden, die sich inhaltlich und konzeptuell mit unserer in starkem Maße medial und technologisch geprägten Gegenwart auseinandersetzt.

Seit seiner Gründung im Jahr 1996 hat der HMKV eine Vielzahl von Ausstellungen, Performances, Vorträgen und Konferenzen sowohl an seinem Standort in Dortmund – seit 2010 im Dortmunder U – als auch bundesweit und international realisiert. Dabei nutzt der HMKV die Mittel der Kunst, um Menschen zur Reflexion über gesellschaftliche, politische, ökonomische oder ökologische Zusammenhänge anzuregen. In einer globalisierten und durch Technologie beschleunigten Welt ermöglicht dieser Ansatz einen neuen Blick auf unsere Gegenwart.

Im Jahr 2011 wurde der HMKV mit dem JUMP Jahresförderpreis für Kunstvereine der Kunststiftung NRW ausgezeichnet. 2014 wurde der HMKV bereits zum fünften Mal für den ADKV-ART COLOGNE Preis nominiert (nach 2007, 2008, 2011 und 2013) und 2013 erhielt er eine lobende Anerkennung im Rahmen dieses Preises. Einzelne Ausstellungen des HMKV erhielten wichtige nationale und internationale Anerkennungen: games – Computerspiele von KünstlerInnen (2003 – „Besondere Ausstellung“ des Jahres 2003 (deutsche Sektion der AICA), 2004 Innovationspreis des Fonds Soziokultur), Arctic Perspective (die amerikanische Kunstzeitschrift ARTFORUM zählte Arctic Perspective zu den „Besten Ausstellungen 2010“) und Sounds Like Silence (2012 – „Besondere Ausstellung“ des Jahres 2012 (deutsche Sektion der AICA).

HMKV im Dortmunder U Leonie-Reygers-Terrasse / 44137 Dortmund
www.hmkv.de

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