Altes Handwerk im Freilichtmuseum Hagen

Print Friendly, PDF & Email

Hagen – Im Freilichtmuseum Hagen wird altes Handwerk lebendig, das Museum ist ein Ort des Erlebens, Staunens und Lernens und nicht umsonst ein sehr beliebtes Ausflugsziel. Es gibt viele Möglichkeiten, das Westfälische Freilichtmuseum für Handwerk und Technik des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) zu beschreiben. Einmalig in seiner Art ist es auf jeden Fall.

Altes Handwerk

Es gibt viel zu sehen im Freilichtmuseum. – Foto LWL-Freilichtmuseum Hagen

Lodernde Schmiedefeuer, schlagende Hämmer, quietschende Treibriemen, geschäftige Betriebsamkeit: Das Freilichtmuseum ist lebendig. In zahlreichen Werkstätten sind historische Arbeitstechniken erlebbar. Wie man Nägel oder Sensen schmiedet, Zigarren rollt, Öl presst, Löffel schnitzt oder Seile schlägt, wird Ihnen im reizvollen und weitläufigen Mäckingerbachtal nicht nur erklärt, sondern in vielen Werkstätten anschaulich gezeigt. So werden unbekannte oder in Vergessenheit geratene Techniken und Arbeitsbedingungen begreifbar. Das Museum zeigt Momente der Handwerks- und Technikgeschichte Westfalens und Lippes vom endenden 18. bis ins 20. Jahrhundert. Unverwechselbar ist das Konzept: Das Handwerks- und Technikmuseum im Meckingerbachtal einzige Freilichtmuseum in Europa, das sich ausschließlich der Geschichte von Handwerk und Technik widmet.

Bereits seit den 1920er Jahren gab es Bestrebungen einer Gruppe von Ingenieuren und Heimatschützern, technische Denkmale für die Nachwelt zu bewahren. Der damalige Hagener Oberbürgermeister Alfred Finke schrieb 1929 Oskar von Miller, dem Gründer des Deutschen Museums, einen Brief, in dem er anregte, in Hagen ein Freilichtmuseum technischer Kulturdenkmale zu errichten. Der Initiator Wilhelm Claas schlug bereits um 1930 das Mäckingerbachtal als Standort für ein entsprechendes Museum vor. Das schmale Tal in den Ausläufern des Sauerlandes bietet die für die Gewerbe im 18. und 19. Jahrhundert wichtigsten natürlichen Standortfaktoren Wind, Wasser und Wald.

Freilichtmuseum Hagen – Geschichte

Mit aufgebaut wurde das Museum von Fritz Helmut Sonnenschein, der das Museum auch leitete. Vormals war er Leiter der Technischen Abteilung des Hochbauamtes Dortmund. Er bemühte sich nach dem Krieg, entgegen anderen Beschlüssen, um den Wiederaufbau des Rombergschlosses. Dadurch fiel er zwar bei der Stadtverwaltung Dortmund in Ungnade, aber die Stadtverwaltung Hagen wurde nun auf ihn aufmerksam, was auch zu dieser Aufgabe verhalf. Er leitete das Museum bis 1. Oktober 1987. Danach übernahm dieses Amt Michael Deuskardt, dessen Nachfolger ist der aktuelle Leiter Uwe Beckmann.

Am 22. Juli 1960 wurde das Freilichtmuseum als „Westfälisches Freilichtmuseum Technischer Kulturdenkmale – Landesmuseum für Technik- und Handwerksgeschichte – Hagen“ gemeinsam mit dem LWL-Freilichtmuseum Detmold gegründet. Es war nach dem Deutschen Museum in München eines der ersten Museen, die sich auf Technik und ihre Geschichte spezialisierten. Die Eröffnung für das Publikum fand am 30. April 1973 statt.

Seit 1983 ist das WFH auch Standort des Deutschen Schmiedemuseums, das seit 1960 zunächst auf der Burg Altena beherbergt war. Untergebracht ist es im ehemaligen Rathaus von Neunkirchen von 1754, das im WFH wieder aufgebaut wurde.

Damit gibt das Museum in Hagen auch einen einzigartigen Einblick in die Entwicklung des Ruhrgebiets: Die Bergwerke, Eisenhütten und Schmiedehämmer des Sauerlands und des Bergischen Lands waren die Vorläufer der großen Zechen und Stahlwerke, die seit Mitte des 18. Jahrhunderts zwischen Ruhr und Emscher entstanden. Hervorzuheben sind die 1758 entstandene St.-Antony-Hütte in Oberhausen-Osterfeld, die 1782 gegründete Gutehoffnungshütte in Oberhausen-Sterkrade und die Eisenhütte Neu-Essen in Oberhausen-Lirich, in der ab 1791 produziert wurde. Hier entstanden bereits früh wichtige Technologien der Eisenerzeugung bei der Verhüttung der abgebauten Erze unter Verwendung von Holzkohle. Innerhalb weniger Jahrzehnte entstanden über 220 Zechen, im Jahre 1850 waren es bereits fast 300. In Kokereien wurde aus der Kohle Koks erzeugt, der in den Hochöfen der angesiedelten Eisen- und Stahlhütten zur Roheisen- und Stahlerzeugung benötigt wurde. Noch bevor die Kohlevorkommen entlang der Ruhr erschöpft waren, entstanden weiter nördlich neue Zechen. Der Ruhrbergbau wanderte, den Flözen in die Tiefe folgend, von Süden nach Norden, von der Ruhr an die Emscher und schließlich zur Lippe.

Altes Handwerk erleben

Auf dem etwa 42 Hektar großen Gelände des Freilichtmuseums in Hagen wurden etwa sechzig Werkstätten wieder aufgebaut oder rekonstruiert. Die meisten sind betriebsbereit und es wird zum Teil auch regelmäßig zu Vorführungszwecken darin produziert oder es werden Workshops angeboten. Die Besucher bekommen so einen Einblick in den Werdegang von Handwerk und Gewerbe in der Region vom ausgehenden 18. Jahrhundert über die frühindustrielle Produktion bis hin zur Hochindustrialisierung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Seit Mai 2012 wird die Brauerei wieder aktiv betrieben, in der die Eigenmarke Mäckinger entsteht. Es gibt auch eine traditionelle Museumsbäckerei, wo zu einem geringen Preis Brot und (Rosinen-)Stuten erhältlich ist. In dem Freilichtmuseum befindet sich ebenfalls das Deutsche Schmiedemuseum.

Mit zahlreichen Veranstaltungen lockt das idyllisch gelegene Freilichtmuseum das ganz Jahr über nicht nur Gäste aus NRW, sondern aus ganz Europa an. Besonders beliebt sind die Kunstausstellungen im Freilichtmuseum, das Frühlings- und das Herbstfest und der große Weihnachtsmarkt auf dem Museumsgelände, dem die festlich illuminierten alten Handwerkshäuser einen besonderen Reiz verleihen.

Die historischen Werkstätten sind Ausgangspunkte für Fragen zur geschichtlichen Entwicklung von Handwerk und Technik, zu wirtschaftlichen, sozialen und regionalen Zusammenhängen. Welche Folgen hat der technische Wandel für unsere Gesellschaft und unsere Umwelt? Die begeleitenden Dauer- und Sonderausstellungen setzen die Zeugnisse alter Technik und vergangener Lebenswelten in neue Zusammenhänge.

Warum ergreift jemand einen handwerklichen Beruf? Welche beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten bieten Handwerksberufe? Und was bedeutet es, eine Handwerkerin oder ein Handwerker zu sein? Wie verläuft und entwickelt  sich der berufliche Werdegang? Der Titel der großen Sonderausstellung im LWL-Freilichtmuseum Hagen „Mit Hand und Herz“ – Lebensgeschichten aus dem Handwerk deutet manches bereits an: Oft wird im Handwerk mit Hand und Herz, mit großem handwerklichem Geschick und ebenso großer Leidenschaft gearbeitet.

Die Präsentation, die am 9. Juni im Ausstellungsgebäude beginnt, nähert sich dem Thema aus unterschiedlichen Blickwinkeln und stellt die Lebensgeschichten von Handwerkerinnen und Handwerkern vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute vor.

Vorträge, museumspädagogische Angebote sowie ein Aktionstag am 14. Juli ergänzen die Ausstellung. Zum ersten Mal gibt es an zwei Sonntagen(14.7. + 15.9., 15 Uhr) „Sonntagsgespräche“ bei Kaffee und Keksen mit einem der vorgestellten Handwerkern.

Öffnungszeiten: 29.3. bis 31.10., täglich außer montags und an allen Feiertagen ab 9 Uhr, Einlass bis 17 Uhr, Häuserbesichtigung bis 17.30 Uhr, sonntags bis 18 Uhr

Speak Your Mind

*