Neuer Kanal wäre nicht wirtschaftlich

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Westfalen – Der Bau einer Verbindung zwischen dem niederländischen Twentekanal und dem deutschen Mittellandkanal ist aus volkswirtschaftlicher Perspektive nicht rentabel. Zu diesem Ergebnis kommt eine ‚Quick Scan’-Untersuchung, die von der EUREGIO und ihren Partnern im Oktober 2012 in Auftrag gegeben wurde. Die Kosten für den Bau der ungefähr 50 km langen Wasserstraße belaufen sich nach Schätzungen auf bis zu 1,3 Milliarden Euro. Dagegen beträgt der prognostizierte Nutzen bis 2060 rund 18% dieser Investitionen. Frühere niederländische Studien aus den Jahren 1994 und 2004 kamen ebenfalls zu negativen Ergebnissen, wobei jedoch die Rentabilität noch etwas günstiger war. Die Verschlechterung des Verhältnisses lässt sich unter anderem durch gestiegene Kosten für den Bau eines solchen Kanals sowie die gegenüber früheren Studien geringer angenommenen Zuwächse im Güterverkehr erklären.

Foto: Rüdiger Wölk/Wikipedia

Foto: Rüdiger Wölk/Wikipedia

Die Berechnungen der Kanalstudie unterstellten eine Fertigstellung des Baus in 2035 und reichen bis in das Jahr 2060. Untersucht wurden zwei mögliche Trassenverläufe, welche aus früheren Studien übernommen wurden. Mit in die Berechnung aufgenommen wurden die Auswirkungen des Kanals auf die Binnenschifffahrt, den regionalen Arbeitsmarkt sowie die Umwelt. Obwohl hier überall positive Effekte erzielt würden, übersteigen die voraussichtlichen Investitionskosten die in Betracht gezogenen monetisierten Gewinne. Die größten Auswirkungen hätte der Kanal auf die Wahl der Route der Binnenschiffer, so könnten auf einer Fahrt von den Niederlanden nach Deutschland bis zu 40 Kilometer Weg gegenüber der südlicher gelegenen Wesel-Datteln-Route eingespart werden. Dies würde den Reedereien Transport- und Personalkosten sparen und zugleich die Umweltbelastung durch Abgase verringern.

Prognosen gehen davon aus, dass die Personen- und Güterverkehre in den kommenden Jahrzehnten jährlich um 1,4 Prozent steigen. Die Autobahn A30 und die niederländische A1 sind bereits heute in einigen Bereichen nahe ihrer Belastungsgrenze. Mit dem Ausbau des Rotterdamer Hafens würde dieser allgemeine Anstieg zusätzlich verstärkt. Damit stiege auf der Ost-West-Strecke die Zahl der Staus, aber auch die Lärm- und Umweltbelastung für Bürger deutlich. Aus diesen Gründen war es der EUREGIO, den Landkreisen Grafschaft Bentheim und Steinfurt, sowie der IHK Osnabrück-Emsland-Grafschaft Bentheim und weiteren deutschen und niederländischen Partnern wichtig, die Realisierbarkeit des Twente-Mittellandkanals wissenschaftlich zu untersuchen. Die Studie, welche durch das europäische INTERREG IV A-Programm gefördert wurde, sollte den Beitrag des Kanals zu einer nachhaltigen, umweltfreundlichen und innovativen Infrastruktur innerhalb des EUREGIO-Gebiets verdeutlichen.

Der Twentekanal wie der Mittellandkanal liegen im sogenannten Europäischen Verkehrskorridor 2. Dieser ist einer der zehn europäischen Kernkorridore des TEN-T-Programms und führt von Warschau, über EUREGIO/Twente, bis nach Felixstowe im Vereinigten Königreich. Die Verkehrsinfrastruktur in diesen Kernkorridoren soll, mit Hilfe von europäischen Fördergeldern, bis 2030 ausgebaut und verbessert werden. Bei dem europäischen TEN-T-Programm werden im Rahmen von CO2-Einsparungen und nachhaltiger, multimodaler logistischer Lösungen unter Anderem die Binnenschifffahrt in den Fokus gerückt. Ziel des Programms ist es, durch eine verbesserte europäische Infrastruktur die Erreichbarkeit zu verbessern und die Wirtschaft zu stärken.

Neben der Twente-Mittellandkanalverbindung sollen innerhalb des Corridor2-Projektes weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der Ost-West-Verbindung untersucht und entwickelt werden. Aus diesem Grund hat die niederländisch-deutsche Grenzorganisation EUREGIO zusammen mit weiteren Partnern die Initiative ergriffen, um als Corridor2 in 2014 in das TEN-T-Förderprogramm der EU aufgenommen zu werden. Aus einer korridorweiten Perspektive bleibt auch der Twente-Mittellandkanal im Blick von Corridor2.

Mehr Informationen zu dem Corridor2-Projekt finden Sie unter www.corridor2.eu.

EUREGIO  / Postfach 1164  / 48573 Gronau

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