Westfalen – Am Sonntag, 11. November um 18 Uhr gastiert das Oldenburgische Staatstheater mit Richard Strauss’ Oper “Salome” im konzert theater coesfeld. Getreu dem Leitspruch “Brave Mädchen kommen in den Himmel, böse kommen überall hin – oder bekommen einfach alles” dreht sich in der Oper, die Richard Strauss zum Durchbruch als Opernkomponist verhalf, alles um Begierde, Intrigen und menschliche Abgründe.
Die junge Prinzessin Salome, genervt von den lüsternen Blicken ihres Stiefvaters Herodes und dem dekadenten Geschwätz des Hofes, findet Gefallen an dem eingekerkerten Jochanaan. Sie ist fasziniert von dem asketischen Prediger, doch als er ihren Verlockungen widersteht, keimt in ihr der Hass auf. Als Herodes sie auffordert, den Tanz der sieben Schleier zu tanzen, lehnt sie zunächst ab. Doch seine Zusage, ihr jeden Wunsch zu erfüllen, stimmt sie um. Der geforderte Lohn hat es dann in sich: Der Kopf des Jochanaan auf einem Silbertablett soll es sein. Als Salome die Trophäe in Händen hält, küsst sie triumphierend den Mund des Predigers, erkennt aber zugleich die Folgen, die ihre ungeheuerliche Tat für die Gesellschaft hat …
Im Gespräch zu seiner Inszenierung der “Salome” spricht der Regisseur des Oldenburgischen Staatstheaters K.D. Schmidt über die Aktualität des Opernstoffes und den tragischen Charakter der Salome.
Was macht die Oper “Salome” heute so aktuell?
Wir haben generell eine Affinität zu allen Endzeitstimmungen in dieser Welt und “Salome” ist ein fin-de-siècle Werk erster Güte. Wir leben in einer Zeit der Finanzkrisen, in der wir das Gefühl haben, dass es so nicht weitergeht. Da liegt ein solcher Stoff auf der Hand.
In welcher Zeit siedeln Sie das Geschehen an?
Oscar Wilde hat sich bei einem biblischen Stoff bedient, die uns auf die Allgemeingültigkeit der Geschichte stößt. Auf dem Theater wirkt diese Sandalenfilm-Ästhetik heute allerdings etwas lächerlich. Wir haben die Handlung auf eine heutige Situation heruntergebrochen, die trotzdem allgemeingültig bleibt. Bei uns spielt Salome in einer Art Regierungsraum, in den sich dieser verfallende Reststaat und seine Feiergesellschaft zurückgezogen haben. Keiner kann hier dem Druck, der sich in den Wahnsinnsfantasien des Herodes oder den Untergangsprophezeiungen des Jochanaan kenntlich macht, aus dem Weg gehen.
Die Musik von Richard Strauss ist sehr farbenreich und süffig. Liegt im Untergang auch ein Genuss?
Im Wahn des Herodes von den “schwarzen Schwingen des Todes” liegt ja eine Hellsichtigkeit. Halb fantasiert er sich hinein, halb ist es Realität. Das Reich steht auf der Kippe. Jesus ist ante Portas, damit verändert sich die religiöse und die politische Welt. Auch bei der Euro-Apokalypse weiß man ja nicht, ob das die Klarsicht des Fachmanns, die Sensationslust des Journalisten oder die Angst des Bankers ist. Diese Mischung macht die Salome so spannend und virulent. Ich muss eine Plattform schaffen, auf der ich das ‚genießen’ kann als Zuschauer.
Was setzt Jochanaan dieser dekadenten Welt entgegen?
Jochanaan ist im Stück nicht nur mit den Prophezeiungen einer neuen Welt, sondern auch mit all seinen Verwundungen und Unzulänglichkeiten als Mensch gezeichnet. Er setzt der Dekadenz eine fundamentalistische, stark sinnesfeindliche Grundhaltung entgegen. In der Heilsverkündung liegt allerdings auch eine gewisse Lust am Untergang. Jochanaan ist als Figur höchst streitbar und angreifbar.
Übt Salome wirklich Kritik an dieser Gesellschaft oder ist sie nicht einfach ein pubertäres Girlie?
Salome ist kein Girlie mit Springerstiefeln und Röckchen. Sie ist eine junge Frau in großer psychischer Not, die jedoch nur gelernt hat, mit den Mitteln einer verwöhnten Prinzessin zu kämpfen. Was sie zutiefst ablehnt, also die Übergriffigkeit ihres Stiefvaters, die Kaputtheit dieser Gesellschaft, begreift sie in der ganzen Komplexität nicht. Nichtsdestotrotz ist die Sehnsucht nach Liebe und einem wahrhaftigen Gefühl da.
Und dann ist sie ausgerechnet von dem Fundamentalisten Jochanaan fasziniert und lässt ihm schließlich den Kopf abschlagen?
Die Andersartigkeit des Jochanaan bietet ein Bild für eine andere Gesellschaft. Das löst bei ihr dieses Bedürfnis nach Wahrhaftigkeit, nach einer persönlichen Liebesbeziehung aus. Doch Salome verwechselt dabei den Mann mit dem Programm. Beide wären das ideale Paar in ihrer Sehnsucht, wenn sie nicht so deformiert und verbogen wären.
Karten für die Oper sind für 27,00/29,00/33,00 Euro unter Tel. 0180/539 6000 (0,14 Euro/Min. a.d.dt. Festnetz, max. 0,42 Euro/Min. aus dem Mobilfunk), an der Theaterkasse im WBK, Osterwicker Str. 29 und an allen Vorverkaufsstellen von CTS Eventim erhältlich.
Konzert Theater Coesfeld / Osterwickerstr. 29 / 48653 Coesfeld www.konzerttheatercoesfeld.de
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