Erfolgsmodell Rothaarsteig: Gemeinsam stark

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Westfalen – Der Rothaarsteig ist ein Erfolgsmodell. Elf Jahre nach seiner Einweihung präsentiert sich der “Weg der Sinne” von Brilon im Sauerland über das Wittgensteiner Bergland und das Siegerland bis Dillenburg am Fuße des Westerwaldes gut aufgestellt und wachsam. Wie bringt man die touristischen Interessen von drei Bundesländern, sechs Landkreisen, vier touristischen Regionen, 25 Städten und Gemeinden sowie 110 Rothaarsteig-Qualitätsbetrieben unter einen Hut und dauerhaft auf einen gemeinsamen, erfolgreichen Weg? Das zeigten die Referate einiger seiner Macher, die die Zusammenarbeit rund um den Rothaarsteig und die ökonomische Bedeutung des wohl erfolgreichsten deutschen Fernwanderwegs jüngst der Öffentlichkeit vorstellten.

Erfolgsmodell

Wanderer genießen die Aussicht am Rothaarsteig. Der Rothaarsteig ist ein 154 Kilometer langer und 2001 eröffneter Fernwanderweg, der von Brilon bis nach Dillenburg insbesondere auf dem Hauptgebirgskamm des Rothaargebirges verläuft – Foto Rothaarsteigverein e.V./Klaus-Peter Kappest

Schlanke Strukturen und pragmatische Effizienz Roswitha Still, Vorsitzende des Rothaarsteig Infrastruktur e.V. und Tourismuschefin von Siegerland-Wittgenstein, brachte die wirtschaftliche Seite des Rothaarsteigs im Jahr 2012 auf den Punkt. Schlanke Strukturen und flache Hierarchie sorgen für pragmatische Effizienz: Der Bereich Infrastruktur wird gemeinsam und sehr konstruktiv mit dem Verein Rothaarsteig Förderer und Freunde gemanagt, über 50 Prozent der Gesamteinnahmen werden privatwirtschaftlich erwirtschaftet und rund 40 % der Ausgaben fließen ins Marketing, wo crossmedial agiert wird. Neben zielgruppenspezifischen Printpublikationen schreibt der Rothaarsteig im Internet und auf Facebook kontinuierlich Zuwächse, speziell im Bereich der 30-55-Jährigen. Außerdem punktet er mit authentischen Präsentationen, nicht nur auf den einschlägigen Reisemessen, sondern auch am Point of Sale, in verschiedenen Karstadt Sport-Häusern in den Quellmärkten NRW und Hessen sowie in Kürze auch in Rheinland-Pfalz.

Vorreiterrolle durch Qualität sichern

Ausruhen dürfe man sich auf diesen Erfolgszahlen und ca. 1,5 Mio. Wanderern jährlich aber nicht. Das zeige eine von der auf Tourismus spezialisierten Unternehmensberatung Projekt M. erstellte Analyse. So funktioniere das Erfolgsmodell Rothaarsteig nach innen wie außen aktuell sehr gut, in Zukunft sei aber eine noch klarere Profilierung und Positionierung auf dem hart umkämpften Wanderreisemarkt unerlässlich. Gelinge dies nicht, sei es nur eine Frage der Zeit, wann der Rothaarsteig, der Wegbereiter des Neuen Wanderns, von den Wegen überholt und auf die Plätze verwiesen würde, die sich bei ihrer Anlage und Ausrichtung am Rothaarsteig orientiert haben. Eine Groteske, die, so Roswitha Still, abwendbar ist: durch eine auch weiterhin konsequente Qualitätsstrategie des Steigs, die Fokussierung des Themas Entschleunigung und ehrliche, aussagekräftige Marketingtools, die das Angebot sowie Vielfalt der Qualitätsgastgeber wiederspiegelt.

Was dies in der Praxis für das touristische Erfolgsmodell bedeutet, beschrieb Dr. Gerhard Zoubek, Vorstandsmitglied beim Rothaarsteig und Bürgermeister der Stadt Haiger mit Vorstellung der Aufgaben des Arbeitskreises Hessischer Rothaarsteig. Zu diesen gehören neben dem großen Thema Infrastruktur inklusive Koordination der Beschilderung und der Wegeverlaufsumlegungen vor allem die Bündelung der Interessen der Rothaarsteig-Kommunen und der Qualitätsbetriebe in Hessen und Rheinland-Pfalz sowie die Organisation des großen, jährlich stattfindenden Wandertags am 3. Oktober.

Eine Attraktion auf dem Rothaarsteig ist der Weg über eine Hängebrücke – Foto Rothaarsteigverein e.V.

Landesgrenzen überschreitende Synergieeffekte stellte Bianca Wengenroth von der Tourist-Information Hoher Westerwald vor.  Zum einen stehe das Thema Wandern ganz oben auf der Agenda des Tourismusverbandes Rheinland-Pfalz, zum anderen gelänge es im vom Geschäftstourismus dominierten Dreiländereck sehr gut, Geschäftsreisende zu privaten Wiederkehrern zu machen, die dann mit Freunden und Familie die sich kreuzenden Fernwanderwege Rothaarsteig und Westerwaldsteig entdecken.

Wie diese Ergebnisse und Erkenntnisse die Positionierung des Rothaarsteigs und des Westerwaldsteigs in Zukunft beeinflussen werden, skizzierten Ursula Gerharz vom Westerwald Touristikservice aus Montabaur und Ulrike Becker von der Geschäftsstelle Rothaarsteig in Schmallenberg. Becker: “Der Rothaarsteig war der erste Premiumwanderweg auf dem deutschen Reisemarkt und Mitbegründer der Top Trails of Germany. Wenn er weiterhin ein Erfolgsmodell bleiben soll, müssen wir uns auf seine hohe Qualität konzentrieren und diese weiter ausbauen. Denn: Natur und Landschaft sind gegeben, ihre Erlebnisqualität definiert sich aber über die Qualität der Infrastruktur, das Angebot der Rothaarsteig-Gastgeber und viele kleine Services und Details.”

Nicht blinder Aktionismus und „höher, weiter und atemberaubender“ sind also angesagt, sondern kleine, feine, erlebbare Akzente. So sollen die Rothaarsteig-Extratouren, die Circuli, die Meisterstücke am Steig werden und Gäste wie Einheimische gleichermaßen begeistern. Ebenso wie die Wisente bei Bad Berleburg: Als zukünftiges Wappentier der Region stehen sie beispielhaft für den Mut der Menschen im Rothaarsteig-Land, neue unbekannte Wege zu gehen. Mit Bedacht, versteht sich.

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