Der Kiepenkerl bloggt: Briefkastenfirmen

Print Friendly, PDF & Email

Briefkästen werden von Eigentümern öffentlich zugänglich an Büros, Privathäusern oder Wohnungseingängen angebracht. Sie dienen der Zustellung von an die Bewohner adressierten Briefen, Postkarten oder anderen Mitteilungen. Die turnusmäßige Leerung gewährleistet eine zeitnahe Information. Doch die elektronische Kommunikation hat den real existierenden Briefkästen in vielen Bereichen den Rang abgelaufen. Sie wurden durch immaterielle Mailboxen der Adressaten auf ihren Computern ersetzt.

Briefkästen_Pixabay

Foto: Pixabay

Im Gegensatz zu normalen Briefkästen sind tote Briefkästen nur dem Absender und dem Empfänger bekannt und damit vor der Entdeckung durch Nichteingeweihte geschützt. Sie werden von Personen genutzt, die nicht offen miteinander in direkten Kontakt treten können oder wollen. Beispiele sind Nachrichtendienste, Journalisten oder Erpresser. Unbemerkt von der Öffentlichkeit sind die toten Briefkästen im Zuge der digitalen Revolution weitgehend ausgestorben.

Briefkastenfirmen haben die Funktion und Philosophie der toten Briefkästen übernommen. Die digitalen Briefkästen sind nicht tot, sondern sehr lebendig. Sie werden überwiegend von vermögenden Personen oder Unternehmen für die Abwicklung undurchsichtiger Finanztransaktionen genutzt. Die Geschäftsbesorgung erfolgt treuhänderisch durch Geschäftsführer und Mitarbeiter der beauftragten Anwaltskanzlei. Die Anonymisierung der Vermögensverhältnisse bietet beste Voraussetzungen zur Steuerverkürzung, Steuerhinterziehung, Geldwäsche oder Umgehung von Sanktionen. Der Sitz dieser weltweit operierenden Dienstleister befindet sich in der Regel in einer der zahlreichen Steueroasen. Bevorzugtes Kommunikationsmittel zwischen den Beteiligten sind E-Mails. Das erspart das umständliche Scannen von Dokumenten, denn die Daten werden in den Anwaltskanzleien elektronisch gespeichert.

Durch die „Panama Papers“ wurde bekannt, dass es im mittelamerikanischen Zwergstaat Panama allein im Gebäude der Anwaltskanzlei Mossack Fonseca 214.488 Briefkastenfirmen gibt. Dahinter verstecken mehr als 14.000 wohlhabende Klienten ihr Vermögen rund um den Globus. Aus diesem Asylheim für riesige Vermögen wurden über ein Datenleck etwa 11,5 Millionen E-Mails, PDF-Dateien und Fotodokumente entwendet.

In den veröffentlichten Dokumenten finden sich die Namen zahlreicher Prominenter aus aller Welt. So gibt es unter den 143 Politikern zahlreiche frühere und noch amtierende Staats- und Regierungschefs. Auch Verwandte und Vertraute hochrangiger Politiker sowie etliche in ihrem Finanzgebaren zu Transparenz verpflichtete Funktionäre sind von der Veröffentlichung der Daten betroffen. Kein Wunder, dass auch die Namen von Drogenschmugglern, Waffenhändlern, Terroristen oder von Firmen bekannt wurden, die auf Sanktionslisten stehen. Allerdings gibt es auch legale Gründe, um das wahre Vermögen nicht öffentlich zu machen.

Das weltweite Ausmaß des Versteckspiels ist enorm, denn Mossack Fonseca steht lediglich auf Platz vier der Scheinfirmengründer. Eine britische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Delaware, ein kleiner US-amerikanischer Bundesstaat, die weltweit beliebteste Steueroase ist. Schätzungen gehen davon aus, dass dort weit über 600.000 Briefkastenfirmen ihren Sitz haben. Der Grund ist, dass Gewinne nicht zu versteuern sind, die außerhalb des Bundesstaates erwirtschaftet werden.

Im Jahr 2012 wurde eine Studie veröffentlicht, die das über Steueroasen versteckte Vermögen auf 21 bis 32 Billionen US-Dollar schätzte. Spiegel Online errechnete daraus, dass dieses Kapital bei einer jährlichen Rendite von 3 Prozent um rund 630 Milliarden US-Dollar anwächst – ausgehend von lediglich 21 Billionen US-Dollar. Würde für diese „Notgroschen“ die Kapitalertragssteuer von 25 Prozent abgeführt, entspräche das jährlichen Steuereinnahmen von rund 157,5 Milliarden US-Dollar. Dieses Geld fehlt den Staatshaushalten in allen Erdteilen. Beim Mehrfachen dieser Summe liegt der jährliche Steuerschaden, der durch Gewinnverlagerungen in Steueroasen entsteht und in die Aufstockung der verschleierten Vermögen fließt.

Nach den Enthüllungen von Geldwäsche und Steuerhinterziehung über sogenannte Briefkastenfirmen wurden Forderungen nach Maßnahmen gegen diese Verbrechen laut. Finanzminister Wolfgang Schäuble setzt im Kampf gegen Geldwäsche auf internationale Zusammenarbeit. Der CDU-Politiker legte einen Zehn-Punkte-Plan vor, der Steuerhinterziehung und Geldwäsche verhindern soll. Vorgesehen ist die Einrichtung eines Geldwäscheregisters, um die „Hintermänner“ von Briefkastenfirmen transparent zu machen. In Schäubles Plan heißt es „Deutschland führt dieses Register zeitnah ein“. Wir wünschen ihm viel Glück!

Speak Your Mind

*