Kraftfutter: Der direkte unverstellte Blick

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Westfalen – Sie malt mit kräftigen, mitunter wilden Strichen – mal pastös in Öl, mal mit farbigen Pastellkreiden. Petra Moßhammer setzt jeden Farbstrich mit großer Präzision, gibt damit ihren Emotionen und ihrer Leidenschaft einen kraftvollen Ausdruck. Man spürt förmlich, an ihrer Wahrnehmung zweifelt sie ebenso wenig wie an ihren Gefühlen, an ihrer spontanen Zuneigung und ihrer Ablehung.

Petra Moßhammer: "Siehst du auch nicht, was ich nicht seh'?" - Foto: Galerie Steinrötter

Petra Moßhammer: “Siehst du auch nicht, was ich nicht seh’?” – Foto: Galerie Steinrötter

Vorzugsweise arbeitet sie mit weiblichen Modellen. Wenige starke Accessoires wie eine raumgreifende, auffällige Brille, ein Fernrohr und ein zum Stilleben arrangierter Esstisch genügen, um eine individuelle Gestik und Posen zu animieren und den Menschen in einer Offenheit und Unverblümtheit hervortreten zu lassen als posiere er ganz nackt vor der Malerin. Das auch ist der Reiz, den die Malerin aufnimmt und in ihren Bildern festhält. Gebannte geballte Emotionalität. Mitunter entlarvend, mitunter ironisch zugespitzt.

Petra Moßhammer: Leckerja

Petra Moßhammer: Leckerja

Petra Moßhammer braucht bei ihrer Arbeit die direkte Gegenüberstellung und die Begegnung mit ihren Modellen im Atelier. Nach einem Foto zu arbeiten, das verabscheut sie als sei es “neuzeitlicher Cybersex”. Sie will Leben sehen und spüren. “Nein, ich brauche den einzigartigen Moment der unmittelbaren Begegnung”, sagt sie und strahlt dabei übers ganze Gesicht. “Malen hat daher für mich etwas Erotisches.”

Die Ausstellung in der Münsteraner Galerie Claus Steinrötter mit neuen Arbeiten von Petra Moßhammer trägt bezeichnender Weise den Titel “Kraftfutter”. Das klingt programmatisch. Und tatsächlich überträgt sich ihr direkter Blick  auf den Betrachter. Die Bilder und ihre teils seltsamen und skurrilen Protagonistinnen drängen sich einem in den Kopf, so als führten sie ihren Ellenbogen und drängten sich keck und Aufmerksamkeit heischend nach vorne.

Nach einem kompletten Pharmazeutischen Studium, verlässt Petra Moßhammer 1991 das Gelände dieser Wissenschaft, um sich ihrer eigentlichen Profession der Kunst zuzuwenden. Sie findet eine Art Seelenverwandtschaft in dem in Nürnberg lehrenden Johannes Grützke, einem kompromisslosen Maler, der ihrem Blick auf die Welt entspricht.

Petra Moßhammer: Kleiner Freund

Petra Moßhammer: Kleiner Freund

“Die Voraussetzung für einen Künstler, der sich an der Realität misst, ist das Sehen. Dieser Blick ist entscheidend für die Wiedergabe, das Abbild. Wir sehen alle dasselbe, aber im Gehirn trifft das Gesehene auf Bewertungen und Urteile, die dann bei den Betrachtern unterschiedlich ausfallen. Sie bekommen im besten Sinne Charakter. Im Reifeprozess der Auseinandersetzung entwickelt der Künstler seinen ihm eigenen unverkennbaren Strich, an dem er dann zu erkennen ist”, sagt Galerist Claus Steinrötter bei der Eröffnung der Ausstellung.

Petra Moßhammer hat eine rasante Entwicklung hinter sich. Innerhalb weniger Jahre hat sie ihr Talent in eine Meisterschaft der Malerei eingebracht. Dabei hat sie ihre Arbeiten mit einem Duktus versehen, die den Lehrmeister nicht verleugnet aber deutlich davon getrennt ist. Der Blick auf den Malausschnitt, die hemmungs- und furchtlose Auswahl der Motive ist ähnlich. Die Fähigkeit setzt Malvermögen voraus. Erst vor wenigen Jahren sahen ihre Ölgemälde aus als sei es Spritzgebäck oder entstammte der Spritzdüse eines Zuckerbäckers. Mit ihren Pastellkreiden arbeitet sie deutlich sicherer und letztlich wohl auch einfallsreicher.

“Wenn man Musik machen will, ist es notwendig, Instrumente völlig zu beherrschen, damit selbst die schwierigsten Tonfolgen umgesetzt werden können”, zieht Steinrötter einen interessanten Vergleich. “In der Kunst des Malens ist es ähnlich. Wenn man Grenzen in der Darstellung hat können sie nur schlecht oder gar nicht stattfinden. Leidenschaft ist Voraussetzung für eine intensive Auseinandersetzung. Fleiß ist dann keine Qual, sondern ein Moment der Lust.”

Lust und Leidenschaft sind denn auch offensichtlich Teil der Kunst von Petra Moßhammer. Sie zeigt sich im Gespräch ebenso charmant wie leidenschaftlich. Ihr Blick ist klar, neugierig aber auch grenzenziehend. “Männer porträtiere ich normalerweise nicht”, weist sie eine freundliche Anfrage nett aber ganz bestimmt zurück. “Außer sie unterwürfen sich meiner Dramaturgie und meinen Anweisungen.” Und dabei blitzt es plötzlich ganz verschmizt in ihren Augen. Zur Schönmalerei eignet sie sich ganz offensichtlich nicht. Der möglichst wahrhafte Blick und die unvermanschte Wiedergabe sind im Ergebnis keine Schmeichelei, sondern eine ehrliche Existenzspielerei, die von allen Zeitschwingungen lebt.

“Petra Moßhammer ist eine Künstlerin unserer Zeit und teilt sich auch so mit. Was und wie sie sieht malt sie mit kräftigen Strichen. Sie verleiht Momenten eine Betrachtungsberechtigung aus dem Zeitraum, über den sie berichtet. Die Bilder sind auf ihre eigene Art von innen heraus schön, aber bitten nicht schmeichelnd um Begegnung. Sie sind stark und geben diese Kraft in den Raum. An der Wand sind sie nicht unbedingt gesellig, sondern streiten sicherlich mit den meisten Nachbarn. Sie haben die Galerie erobert und mir graut schon jetzt vor der Leere wenn sie wieder fort sind”, sagt Claus Steinrötter und appelliert an mutige Käufer. Ein Moßhammer an der Wand fällt auf und ist ein klares Bekenntnis zu dem Anspruch von Kunst, jederzeit wahrgenommen werden zu wollen. (Dr. Jörg Bockow)

Öffnungszeiten: Mo-Fr. 10-18 Uhr, Sa. 10-14 Uhr und nach Vereinbarung

Galerie Claus Steinrötter / Rothenburg 16 / 48143 Münster
Telefon 0251 – 44400
www.steinroetter.de

 

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