Der Kiepenkerl bloggt: Fleisch lebe wohl

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Lebe wohl, Du fleischlicher Genuss: Der auch von sturen Westfalen akzeptierte Karneval ist nach genauer Übersetzung alles andere als ein fröhliches Ereignis. Das lateinische „carne vale“ bedeutet: Fleisch lebe wohl. Diese lustlose Interpretation empfanden die Münsteraner schon im Mittelalter als Faschingsscherz. Sie waren davon überzeugt, dass Karneval auf „carne vallach“, die fleischliche Freude des westfälischen Wappentiers, zurückgeht.

Lebe wohl, Du fleischlicher Genuss

Lebe wohl und hallo: Karneval heißt auch in Münster nicht nur Abschied nehmen – Foto Wikimedia

In der Musik wird die fünfte Jahreszeit mit ihrem närrischen Treiben traditionell vom „carrus navalas“ abgeleitet. Nach der bildlichen barocken Sagenvorstellung war der „carrus navalas“ ein Karnevalswagen, mit dem die Göttinnen des Frühlings und der Fruchtbarkeit am Rosenmontag herumziehen. Für diese lotterhafte Interpretation sprechen die Operetten „Karneval in Rom“ und „Die Fledermaus“, denn dort geht es auch ganz schön zur Sache.

Aus Datenschutzgründen entschieden sich namhafte Musiker, ihre amourösen Frühlingserlebnisse zu nummerieren. Nach gesicherten Erkenntnissen des „Bischöflichen Instituts für Zölibat- und Lustforschung“ in Münster handelt es sich bei Beethovens „Neunter“ um die Tanzlore Gundula Seltenfröhlich aus Münster-Angelmodde. Ein enger Freund des Meisters bezeichnete den letzten Satz und die Anspielung auf Schillers „Ode an die Freude“ als geschmacklos.

Maurice Ravel nummerierte seine amourösen Faschingsabenteuer als „Suiten“. Es ist nicht zweifelsfrei nachgewiesen, ob es sich bei der Bezeichnung um das zweckentfremdete nächtliche Etablissement oder um die Verballhornung des aus dem Englischen stammenden Ausdrucks „Süße“ handelt. Wie dem auch sei, die Karnevalszeit war damals und ist heute ein reizvolles Vergnügen.

Die sturen Westfälinger wussten früh, dass Lachen wie eine Sauerstoffdusche wirkt: Der Körper nimmt drei- bis viermal mehr Sauerstoff auf und das Gehirn schüttet die Wohlfühlsubstanz Dopamin aus. Diese Reaktionen fördern die Lebensfreude, stärken das Selbstbewusstsein, bauen Hemmungen ab, lockern Verspannungen und reduzieren Stress.

Doch wenn die heiße Phase des rheinischen Karnevals das bierselige und kornträchtige Münsterland erreicht, ist beim echten Westfalen nur eine mäßige Temperaturerhöhung festzustellen, so dass die Metropole des Westfälischen Friedens relative Sicherheit vor überschäumendem Jeckenbefall bietet. Spontaneität und Schlagfertigkeit wollen schließlich wohl überlegt sein.

Um eine heitere Grundstimmung entstehen zu lassen, müssen nach den Vorstellungen der Naturmedizin die verschiedenen Flüssigkeiten im menschlichen Körper ein ausgewogenes Mischungsverhältnis aufweisen. Das stellt der Westfale wegen seines trockenen Humors durch die Einnahme von Bier und Korn in regelmäßiger Abfolge her. Das Stafettentrinken macht ihn zwar laut, aber nicht lustig.

Der durchaus feierfreudige Gründer vom Münsteraner Zoo, Prof. Dr. Landois beschrieb das Ende der “Fleisch, lebe Wohl”-Festivitäten in der Domstadt folgendermaßen: „Alles wurde wieder ruhig in Mönster und üöwerall äs fröher de ganzen Nächte wier düörsuoppen; denn Mönster iss en Bummelnest als siet Jan van Leyden weßt.“

Ein Bauer brachte die nachwuchsträchtigen Erfahrungen einer seiner Töchter mit Münsters „Tollen Tagen“ auf den Punkt: „Mien Dörte fief Johr verhieraodt – nix. Use Lisbet ain Moal up Fasnacht in Mönster – dä!“

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