Echte MannsBilder

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Westfalen – Nach der Austellung „Frauen(an)sichten – Mutter, Muse, Femme Fatale“ im Frühjahr 2011 steht nun die Darstellung des Mannes im Haus Opherdicke in Holzwickede in der Kunst der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Blickpunkt. Zusammen betrachtet, vermitteln beide Projekte einen differenzierten Eindruck von dem Menschenbild in den stürmischen Zeiten mannigfaltiger Umbrüche und dem Rollenverständnis von Mann und Frau. Die Ausstellung ist noch bis zum 25. November zu sehen.

Conrad Felixmüller: Fischer von Helgoland, 1924, Holzschnitt

Es ist der Zeit ihrer Entstehung geschuldet, dass auch in dieser Ausstellung die von Künstlerinnen geschaffenen Werke die Ausnahme sind. Trotz aller Entwicklungsschübe, Erkenntnisprozesse und emanzipatorischer Erfolge des 19. Jahrhunderts, blieb die Gesellschaft bis in die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts von männlicher Dominanz geprägt. Das galt auch für die Kunst. Der Lebensentwurf als autonom arbeitende Künstlerin war in dieser Zeit kaum tragfähig. Bis auf wenige und damit umso bemerkenswertere Ausnahmen wurden die künstlerisch arbeitenden Frauen in die kunstgewerbliche Arbeit abgedrängt, während die Männer ganz in der Tradition einer in den Stand der Wissenschaft gehobenen Ausbildung und in dem Selbstverständnis als anerkannte Künstlerpersönlichkeiten arbeiteten.

Karl Hofer: Die törichten Männer, 1940, Öl auf Leinwand

In einer Auswahl von etwa 100 Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Grafiken aus der Sammlung Brabant zeigt diese Schau nicht nur den dargestellten, sondern auch den darstellenden Mann. Sie beschreibt das männliche Rollenverständnis, Identitätsfragen und die Selbstwahrnehmung des Künstlers in wechselhaften Zeiten. Über Jahrhunderte gültige Formen der Abbildungen wurden erschüttert.

An die Stelle des Strebens nach Übereinstimmung von Wirklichkeit und Wiedergabe trat die Suche nach Wegen, das menschliche Wesen, das Charakteristische, das also, was unter der Oberfläche verborgen ist, sichtbar zu machen. Mit der Befreiung von den Fesseln der Realität entstand eine neue Bildsprache, in der es Platz gab für die Darstellung von Schwäche und Verunsicherung, für das Gebrochene und für die unbeantworteten Fragen, die Teil der menschlichen Existenz sind.

Immanuel Knayer: Arbeiter bei der Frühstückspause, 1925, Öl auf Leinwand

Mochten Gesellschaft und Kunstwelt auch noch immer von Männern dominiert sein, so hatte der klassische Held, der selbst in der Niederlage Stärke zeigt, ausgedient. Durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahr 1933 fand die kulturelle Vielfalt der Weimarer Republik ein jähes Ende. Erneut wurden die Rollen der Geschlechter klar voneinander getrennt. Die Vorstellung von dem dominierenden Mann, dem die Frau als seine Gehilfin zur Seite stand, spiegelte sich natürlich in der Staatskunst der Diktatur. Blonde, blauäugige Beschützer von Volk und Familie wachten über die anmutigen Hüterinen von Heim und Familie.

Nach 1945 galt es, das Verhältnis der Geschlechter neu zu definieren. Mochte der Weg auch noch so weit sein, nach dem Gang durch das Inferno zweier Kriege, nach Orientierungsverlusten und gemeinsam getragenem Leid gab es zum Streben nach gleichen Rechten für Mann und Frau keine Alternative. Die heutigen Auftritte selbstbewusster Künstlerinnen sind höchst differenziert. Die Zeiten, in denen es zur Rolle der Frau in der Kunst gehörte, Projektion männlicher Vorstellungen und Sehnsüchte zu sein, scheinen weit zurück zu liegen, vergessen sind sie nicht.

Haus Opherdicke / Dorfstraße 29 / 59439 Holzwickede
www.kulturkreis-unna.de

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